Zum Engagement der Laien in der Kirche von Vietnam
Sie ist 26 Jahre jung, unterrichtet Englisch in Ho-Chi-Minh-Stadt und engagiert sich seit vielen Jahren ehrenamtlich als Katechetin. Quynh Nhu Le Nguyen gehört einer jungen Generation von Katholik*innen in Vietnam an, die sich ihrer Verantwortung für den Glauben sehr bewusst ist. Die Kirche in Vietnam steht im Fokus der Kampagne von Missio im Monat der Weltmission.
«Wir verstehen uns als eine grosse Familie, in der wir unsere Freuden und Sorgen teilen und uns gegenseitig unterstützen», beschreibt Nhu Le Nguyen den Zusammenhalt in ihrer Pfarrei. Als ehrenamtliche Katechetin trifft sie sich jeden Sonntag nach der Frühmesse mit den zwanzig 15-jährigen Mädchen ihrer Gruppe. Das ist der Religionsunterricht, bei dem sie seit acht Jahren ihren Glauben weitergibt. Es ist ein Engagement, das sie mit anderen jungen Menschen teilt: «Wir sprechen über das Wort Gottes und darüber, wie wir den Glauben im wirklichen Leben praktizieren können.» Das ist nicht einfach in Vietnam, denn die Herausforderungen für die Katholik*innen sind zahlreich. Die Verfassung sieht zwar Religions- und Glaubensfreiheit vor, aber die kommunistische Regierung hat ein wachsames Auge auf die Äusserungen der Kirche und hört kritische Worte nicht gern. Auch kann die Kirche nicht die Trägerschaft von Gesundheitseinrichtungen oder Schulen übernehmen. Der Handlungsspielraum ist eng und stark auf den Innenbereich der Kirche beschränkt. Es braucht Mut und Überzeugung, um im diesem Kontext die befreiende Botschaft zu verkünden. Trotzdem gibt es in den Pfarreien viele diakonische Aktivitäten, weiss Nhu Le Nguyen: «In unserer Pfarrei gibt es mehrere Jugendgruppen, die Geld für wohltätige Zwecke sammeln. Am Wochenende sammeln sie beispielsweise Gebrauchtwaren und verkaufen sie, um Geld für Notleidende zu erhalten.» Gerade in der Corona-Pandemie sei dieses diakonische Engagement wichtig für Familien und alte Menschen gewesen.
Aufgabenfeld BinnenmigrationDie katholische Kirche Vietnams hat eine sehr wechselvolle Geschichte, deren Anfänge bis in die Mitte des 16. Jahrhunderts reichen. Knapp 7 Prozent der Bevölkerung sind katholisch, etwa 7 Mio. der Menschen in der Kirche in Vietnam sind geprägt von der Trennung des Landes, einem langjährigen Krieg, dem Exodus grosser Bevölkerungsteile und durch die kommunistische Regierung. Vietnam ist heute eine pulsierende Gesellschaft, die sich rasch entwickelt. Dazu gehört eine starke Binnenmigration, die vor allem junge Menschen aus den ländlichen Gebieten an die Peripherie der Metropolen ziehen. Die Binnenmigrant*innen werden aus ihrem gewohnten sozialen und auch kirchlichen Umfeld herausgerissen und sind mit einer völlig neuen Welt konfrontiert. Mit den zahlreichen verlockenden Angeboten, die ihnen die Metropole bietet, müssen sie umzugehen lernen und Verantwortung für sich in Beruf und Studium übernehmen. Nicht nur einzelne Pfarreien wie diejenige von Quynh Nhu Le Nguyen, sondern auch kirchliche Gemeinschaften wie beispielsweise die Scalabrini-Missionar*innen helfen ihnen, Orientierung in der neuen Situation zu finden und das Leben sinnvoll zu gestalten. Die Scalabrini betreiben Suppenküchen und bieten kostenlose medizinische Versorgung an. Sie kümmern sich besonders um die Kinder aus Migrantenfamilien, um sie für den Eintritt in die öffentliche Schule vorzubereiten. Und sie engagieren sich auch für Studierende an den Hochschulen, denen sie eine spirituelle Begleitung anbieten. Mit diesem Einsatz werden sie zu «Boten der Hoffnung», wie Papst Franziskus in seiner Botschaft zum Sonntag der Weltmission schreibt.
Siegfried Ostermann, Missio/Red., 21.10.21
Monat und Sonntag der Weltmission
«Schweigen? Unmöglich!» heisst das Leitwort des diesjährigen Monats der Weltmission. Es ist die Kurzfassung eines Satzes, den Petrus im Namen der Jünger*innen an die Autoritäten in Jerusalem richtet: «Wir können unmöglich schweigen über das, was wir gesehen und gehört haben» (Apg 4,20). Diese Botschaft gilt auch heute noch und es gehört Mut dazu, sie zu teilen und weiterzuerzählen. Im Monat der Weltmission zeigt Missio am Beispiel der Gastkirche Vietnam, wie es möglich ist, zu Boten der Hoffnung und Werkzeugen der mitfühlenden Liebe Gottes zu werden. Mit einer Kollekte am Sonntag der Weltmission, der am 24. Oktober gefeiert wird, soll die Kirche Vietnams in ihren Bemühungen unterstützt werden. Doch auch mit dem Kauf einer Solidaritätskerze oder dem Postkartenflyer, mit dem ein Gruss, Wunsch oder Segenswort an Quynh Nhu Le Nguyen geschickt werden kann, will Missio ein Zeichen. (sas)
Weitere Infos zum Weltmissionssonntag: www.missio.ch
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