Neue Dauerausstellung in St. Gallen

Seit dem 21. Januar zeigt das Weltkulturerbe Stiftsbezirk St. Gallen im wiedereröffneten Gewölbekeller die neue Dauerausstellung «Gallus und sein Kloster». Kurator Peter Jezler führt durch die Ausstellung, die auch den windungsreichen Weg des Heiligen Gallus aufzeigt.

Die Ausstellungsmacher um Peter Jezler wollen daran erinnern, dass an keinem Ort in Europa frühmittelalterliche Handschriften und Urkunden in nur annähernd vergleichbarer Dichte erhalten sind wie in St. Gallen. Peter Jezler sagt: «Es ist ein Bestreben sowohl von der Stiftsbibliothek wie auch vom Kanton, dass wir das Weltkulturerbe St. Gallen mit dieser neuen Ausstellung aufwerten wollen.»

Wie wurde St. Gallen zum Weltkulturerbe? Und wer war Gallus? Der Besucher wird in multimedialen Inszenierungen dazu an - geregt, sich mit dem in 1400 Jahren in St. Gallen entstandenen «Wunder der Überlieferung» auseinanderzusetzen.

Gallus’ Weg

Die neue Ausstellung spannt den Bogen vom Untergang der Antike über die klösterliche Überlieferung bis zur barocken Fürstabtei und zur Auflösung des Klosters in der Zeit Napoleons. «Die Grundidee der Ausstellung ist, dass wir zeigen, was für eine Funktion ein Kloster hatte und wie es sich entwickelt hat», erläutert Peter Jezler. Ein Schwerpunkt liegt auf der irischen Mission und dem Leben des heiligen Gallus. In einem eigens für diese Ausstellung aufwändig erstellten Film wird vor allem der Spezialfall von Irland anschaulich dokumentiert: Ein Land, das nie von den Römern besetzt wurde, von der Völkerwanderung verschont blieb, aber schon um das Jahr 400 missioniert wurde. «Dort hat sich auf faszinierende Art und Weise ein frühes, eigenes Christentum herausgebildet», erklärt Jezler. Der Film zeige dem Besucher, wie die irischen Mönche im Laufe der Zeit aufs Festland gingen, mit ihrer Arbeit als Missionare begannen und somit das Christentum in unsere Region brachten.

Ins beste Licht gerückt

Die Ausstellung führt anhand von Originalhandschriften und Objekten durch 1400 Jahre Kulturgeschichte. Von der Einsiedlerzelle des Gallus bis zum Unesco-Weltkulturerbe Stiftsbezirk. Da ist beispielsweise die «Lex Alamannorum» (Germanen-Gesetz) zu bestaunen, eine äusserst wertvolle Handschrift aus dem frühen 8. Jahrhundert. Ebenso bedeutend sind die ältesten Musiknoten, die es auf der Welt gibt.

Peter Jezler führt in den hinteren Bereich des Gewölbes, wo schwere Steine liegen. Kaum vorstellbar, mit wie vielen Seilzügen diese hierher kamen. Das Interesse hier gilt der karolingischen Gozbert-Basilika mit ihren aussergewöhnlichen Kapitellen. Der Ausstellungsleiter steht vor den wuchtigen Kapitellen und archäologischen Funde aus der 837 eingeweihten Basilika. Diese, erklärt Jezler, stehe für die frühmittelalterliche Architektur in der Zeit des St. Galler Klosterplans. Fundament, Kapitell, Plattform und Säule – aus diesen Elementen wuchsen Gotteshäuser gegen den Himmel. Diese Kapitelle waren einst im Fundament der gotischen Kirche eingemauert und konnten bei Grabungen in den 1960er- Jahren geborgen werden. «Dieser Fund ist der vielfältigste, den es in Europa gibt. Wir haben die Stücke hier ins beste Licht gerückt.»

Das schönste Evangelium der Welt

Als Höhepunkt der Ausstellung gilt das «Evangelium Longum», geschaffen von den St. Galler Mönchen Sintram (Schrift) und Tuotilo (Einband) um das Jahr 895. Von vielen Experten wird das prächtige Buch als das schönste Evangelium der Welt bezeichnet.

Das untere Relief stellt die legendäre Begegnung des heiligen Gallus mit dem Bären dar. Auf Gallus’ Befehl bringt das Tier Feuer holz. Zum Dank schenkt der Heilige ihm ein Brot. Dieses Buch bedeutet dem Kurator besonders viel. Er sagt: «Es gibt keine karolinische Handschrift, die so spannend und intensiv dokumentiert ist und auch noch so gut erhalten ist.» Im «irischen» Teil der Ausstellung ist das irische Evangeliar von St. Gallen zu sehen. Evangelientexte, illustriert mit zwölf Schmuckzierseiten, von Mönchen um 750 in Irland geschrieben und illuminiert. Fachleuten gilt das Buch als schönste irische Handschrift in der Stiftsbibliothek St. Gallen. Peter Jezler erinnert an diesem Ort daran, dass St Gallen die Bibliothek mit dem grössten Bestand an irischen Handschriften ist.

In einem eigenen Bereich wird die spätere Entwicklung der Fürstabtei und ihre Beziehung zur Stadt St. Gallen dargestellt, die oft spannungsgeladen war. Sakrale Kostbarkeiten aus Kirchenschatz und einer Kuriositätensammlung lassen die Blütezeit des Barocks aufleben.

Vera Rüttimann/Red. (29.1.19)

"

 

In der neuen Ausstellung ist auch das «Evangelium Longum» mit dem Gallus-Relief zu sehen.

Bild: © Vera Rüttimann

Kommentare

+

Neuen Kommentar hinzufügen

Der Inhalt dieses Feldes wird nicht öffentlich zugänglich angezeigt.

Klartext

  • Keine HTML-Tags erlaubt.
  • Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.
  • Website- und E-Mail-Adressen werden automatisch in Links umgewandelt.
CAPTCHA
Diese Sicherheitsfrage überprüft, ob Sie ein menschlicher Besucher sind und verhindert automatisches Spamming.
Bild-CAPTCHA
Geben Sie die Zeichen ein, die im Bild gezeigt werden.