Die Fähigkeiten der «anderen» entdecken
Viermal jährlich treffen sich die Seelsorger*innen und Katechet*innen der Thurgauer Gemeinden zur Pastoralkonferenz, um miteinander Erfahrungen auszutauschen und sich mit aktuellen Themen zu beschäftigen. Das erste Treffen im Jahr 2024 fand im März in Kreuzlingen statt.
Im Mittelpunkt des Treffens standen zwei thematische Impulse zu den Themen Inklusion und interreligiöser Dialog. Kirche von den Rändern her zu entwickeln, das helfe auch, Neues zu entdecken, meinte einleitend Benjamin Spang von der Fachstelle Erwachsenenbildung als Gastgeber der Konferenz. Denn wo das Fremde als anders und randständig definiert werde, da werde der andere nicht mehr als Ressource gesehen. «Ich stelle mir den Himmel als einen barrierefreien Ort vor», meinte Benjamin Spang. Behinderung sei nicht nur genetisch bedingt, sondern oft durch gesellschaftliche Vorstellungen verursacht. So etwa sei das Sozialverhalten von Menschen mit Down-Syndrom geradezu vorbildlich.
Das «Zusammen» im Blick
Andreas Barth lenkte den Blick auf «Menschen mit Behinderungen». Bereits der Name des Fachbereichs SeelsorgePlus drückt aus, worum es geht: Alle Menschen werden mit dem Vorzeichen «Plus» betrachtet, denn jeder Mensch ist unendlich wertvoll. SeelsorgePlus betont das «Zusammen» und bleibt nicht stehen beim Etikett einer «Einschränkung».
Andreas Barth betonte, dass es wichtig sei, verschiedene Kanäle zu verwenden, um unterschiedlichste Menschen zu erreichen und Gemeinschaft zu ermöglichen. Das bedeute nicht nur die Schaffung hindernisfreier Zugänge, sondern auch gute Beleuchtung, Gesangbücher in grosser Schrift und eine gute Akustik. Bei der Gestaltung von Gottesdiensten sollten möglichst alle Sinne angesprochen werden, damit auch Menschen mit kognitiven Schwierigkeiten teilnehmen können. Denn mehr als ein Fünftel der Bevölkerung gelten in der Schweiz als «Menschen mit Behinderung», wobei der Anteil im hohen Alter stark ansteigt. Die Behinderungen seien oft gar nicht offensichtlich. Andreas Barth plädierte für eine unmittelbare «Kommunikation der Herzen», die jedem Menschen die Heilszusage der Taufe vermittelt: «Du bist wertvoll.»
Überraschende Vielfalt
Matthias Loretan warnte davor, sich zu überfordern. Man könne nicht alle inkludieren. Aber man könne sich fragen: «Wer oder was ist jetzt meine Inklusionsaufgabe?» «Das strahlt dann auch auf andere Gruppen aus», versicherte der Referent. Er verwies auf die überraschende Vielfalt an Religionen, die es gleich vor Ort in Kreuzlingen zu entdecken gebe: drei Moscheegemeinden, ein buddhistisches Zentrum und den jüdischen Friedhof. «Durch interreligiösen Dialog werden nicht nur Unsicherheiten überwunden, es entstehen auch Freundschaften», meinte Matthias Loretan. Das Interesse am anderen könne auch neu die Freude am eigenen Gewordensein vertiefen, fasste der Referent seine eigenen Erfahrungen zusammen. In den anschliessenden Arbeitsgruppen konnten die Teilnehmer*innen das Gehörte auf ihre eigene Arbeitssituation anwenden, bevor das Treffen mit dem Verzehr der Fastensuppe endete, die der gastgebende Pfarrer Edwin Stier mit seinem Team zubereitet hatte.
Klaus Gasperi, forumKirche, 26.03.2024
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