Das Schicksal Tausender nicht vergessen
Die Aktion «Beim Namen nennen» möchte der 44'000 Menschen gedenken, die seit 1993 auf ihrer Flucht nach Europa sterben mussten, und zugleich gegen die Massnahmen protestieren, die zum Tod dieser Menschen führten. Sie findet in neun Schweizer Städten statt.
Seit 1993 notiert die Vereinigung UNITED for Intercultural Action die Namen aller Menschen – sofern bekannt –, die auf der Flucht nach Europa ihr Leben lassen mussten, dazu den Tag und die Umstände ihres Todes. Die meisten sind im Mittelmeer ertrunken. Andere wurden an Grenzübergängen erschossen. Männer, Frauen, Jugendliche, Kinder, Babys. Am Weltflüchtlingstag (20. Juni) wird diese Liste jeweils veröffentlicht. Die Zahl dieser Namen übersteigt dieses Jahr die Marke von 44'000. Die Aktion «Beim Namen nennen» lädt dazu ein, die Namen und Schicksale dieser Menschen in öffentlichen Veranstaltungen vorzulesen oder auf Stoffbänder zu schreiben, die dann als Installationen an zentralen Orten an sie erinnern. «Wir wollen damit der Verstorbenen gedenken, um sie trauern und sie würdigen», sagt Verena Mühlethaler, Pfarrerin der reformierten Citykirche Offener St. Jakob in Zürich. Zum anderen solle über die Katastrophe informiert werden, die sich ja nach wie vor an den europäischen Grenzen abspiele. «Die Öffentlichkeit soll aufgerüttelt werden, vor allem die Politiker*innen.»
Umfangreiches ProgrammDie Aktion «Beim Namen nennen», die von der Offenen Kirche Bern initiiert wurde, wird von mehr als 130 Institutionen mitgetragen. Sie findet dieses Jahr bereits zum dritten Mal statt. In Zürich ist dieses Jahr ein besonderes Programm geplant. «So gross wurde die Aktion bisher noch nie durchgeführt», sagt Verena Mühlethaler. Es freut sie besonders, dass neben den christlichen Kirchen auch die Moschee Volketswil beteiligt ist. Vom 11. bis 20 Juni sind begleitend zum Beschriften der Stoffbänder zahlreiche Veranstaltungen geplant. Am 15. Juni findet im Offenen St. Jakob ein Aktionstag zum Thema «Frauen auf der Flucht» statt. Die Ausstellung «Fluchtweg» lädt auf dem Vorplatz der Kirche dazu ein, den Fluchtweg von Eritrea in die Schweiz mit allen seinen Hindernissen nachzuempfinden. In dem dokumentarischen Theater «Mittelmeer-Monologe» geben Schauspieler*innen Flüchtigen eine Stimme, die den riskanten Weg auf sich genommen haben. Beendet wird die Aktion am 20. Juni mit einem interreligiösen Gottesdienst im Offenen St. Jakob.
Familien zusammenführenDer Weltflüchtlingstag fällt dieses Jahr auf den Flüchtlingssonntag, den die christlichen Kirchen in der Schweiz jeweils am dritten Sonntag im Juni feiern. Caritas Schweiz stellt anlässlich dieses Tags das Recht für Flüchtlinge auf Familienzusammenführung in den Mittelpunkt. «Viele Familien werden auf der Flucht auseinandergerissen», schreibt das Hilfswerk. «Wer in der Schweiz als Flüchtling anerkannt ist, hat das Recht, Ehepartner und minderjährige Kinder in die Schweiz nachzuziehen. Beim Einfordern dieses Rechts sind jedoch die meisten Betroffenen auf sich gestellt. Sie kämpfen mit Sprachbarrieren und der Bürokratie. In der Rechtsberatung erhalten Asylsuchende und Flüchtlinge die notwendige Unterstützung.» Am Flüchtlingssonntag wird für die Arbeit der Caritas gesammelt.
Detlef Kissner, forumKirche, 4.6.21
Nähere Infos unter www.beimnamennennen.ch bzw. www.caritas.ch
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