Dichte Worte: Mutter-Lebens-Zyklus und Der Nachwuchs

Mutter-Lebens-Zyklus

Mit Vier spürt man, im Fall des Falles,
da weiss die Mama einfach alles.

Mit Acht denkt man, als Teil des Spieles,
die Mama weiss doch wirklich vieles.

Mit Zwölf erkennt man Alltagstücken –
und Mamas grosse Wissenslücken.

Mit Vierzehn wird man selber fix.
Und Mama? Ach, die weiss doch nix!

Mit Sechzehn steht man voll im Leben.
Und Mutter? Peinlich – und daneben!

Mit Achtzehn froh die Welt bereisen.
Und Mum gehört zum alten Eisen!

Hat Fünfundzwanzig man erreicht,
weiss Mutter dies und das vielleicht.

Mit Fünfunddreissig, ganz bescheiden:
Erst Mama fragen, dann entscheiden!

Mit Fünfundvierzig: Selber lenken
und so, wie damals Mama, denken.

Mit Siebzig, in den alten Tagen:
Ach, könnt ich nochmals Mama fragen…

CHRISTOPH SUTTER (1.10.19)

Der Nachwuchs

Sehnlichst wurd' er schon erwartet
und ist auch hoffnungsvoll gestartet.

Der Nachwuchs hat das Licht der Welt erblickt,
ist noch ziemlich ungeschickt,

aber ungemein herzig und nett
und macht das Leben erst komplett.

Nach durchwachten Nächten ist aber klar,
der Nachwuchs ist nicht nur wunderbar,

und von den Eltern die allermeisten
können sich Manches nicht mehr leisten.

Man erzählt aber gern allen Gästen:
Meine Kinder sind die allerbesten,

wie sie die Eltern vermissen,
was sie schon können und wissen.

Sind sie dann in der Schule schlecht,
ist der Lehrer schuld und ungerecht.

Lungern sie faul herum,
und jedes Bemühen dumm,

die Eltern seien nicht ganz dicht,
haben sie's von diesen sicher nicht.

Und in der vollen Pubertät
scheint Erziehung sowieso zu spät.

Man denkt dann ratlos und verwirrt,
ob aus denen noch was wird?

Fragt sogar Kollegen im Büro:
War'n wir etwa auch mal so?

Deren Kinder sind überhaupt nie frech.
Irgendwie hat man allein das Pech.

Manchen Eltern fällt dann ein,
schön war's auch allein.

Hat der Nachwuchs seinen Weg gemacht,
und es sogar zu was gebracht,

Enkelkinder geschenkt
und den Garten getränkt,

ist man gar alt und hochbetagt,
und immer noch gefragt,

denkt man stolz und grad:
klar, von wem er das hat.