Neue Wege der Glaubensvermittlung in Zürich
«Kirche urban» heisst ein Projekt der katholischen Kirchgemeinden in Zürich. Im Gespräch erläutern Simon Brechbühler und Meinrad Furrer, worum es geht.
Seit diesem Frühjahr leitet Simon Brechbühler das Projekt «Kirche urban», das seit Kurzem ein ständiges Angebot von Katholisch Stadt Zürich ist, wie der Verband der Kirchgemeinden Zürichs heisst. Bereits seit drei Jahren wirkt Meinrad Furrer mit, der schon in der Pilotphase als Beauftragter für Spiritualität engagiert wurde. «Kirche urban» wirkt in zwei Bereichen: Zum einen beschäftigen sich die beiden Macher mit der Frage, wie Kirche im öffentlichen Raum gestaltet und wahrgenommen werden kann. Zum anderen sollen durch innovative Projekte Pfarreien und Kirchgemeinden fit gemacht werden, im heutigen urbanen Umfeld bestehen zu können. Deshalb entwickelt das Team eigene Projekte mit inner- oder ausserkirchlichen Partnern. Aus diesem Grund, so Meinrad Furrer, habe man bewusst auf die Lancierung einer Citykirche in Zürich verzichtet. «Wir verstehen den ganzen städtischen Raum als einen Ort, den die Kirche bespielen kann und in dem sich Räume öffnen für religiöse, spirituelle und soziale Erfahrungen», erläutert Furrer die Bewegründe. «Wir waren von Beginn an stark bestrebt, ‹Kirche urban› als einen Teil von Katholisch Stadt Zürich zu verstehen», fügt Simon Brechbühler an. «Kirche urban» soll also keine eigene Pfarrei werden, sondern das bestehende Angebot ergänzen.
Mit dem Potenzial von Kirchenräumen experimentierenBeim Networking-Format «fails@church» (deutsch: Versagen in der Kirche) erzählen kirchliche Mitarbeitende offen von ihren persönlichen Niederlagen und wie sie damit umgehen. In der ersten Ausgabe des Talk-Formates schilderte beispielsweise Grossmünster-Pfarrer Christoph Sigrist, wie er bei einer Bergtour gestürzt und eingeklemmt war und bereits mit seinem Leben abgeschlossen hatte. Für Meinrad Furrer haben Kirchen eine «gewaltige Bilder und Geschichtstradition». Im Storytelling und in der Vermittlung aber seien die Kirchen keine Meister mehr. Zudem bespiele man die Kirchenräume nur noch mit wenigen Formaten wie Gottesdienste, Stille und Konzerte. Aus solchen Überlegungen sei das Projekt «weit&» entstanden. Eine neue Veranstaltungsreihe, bei der jedes Jahr eine neue Kirche in Zürich ausgewählt werden soll. Furrer erläutert: «‹weit&› experimentiert mit dem Potential von Kirchenräumen jenseits der traditionellen Formate und lässt diese zwischenzeitlich zu einem Labor werden.» «weit&» stehe für einen weitenden Blick auf den Kirchenraum und für einen weiten und überraschenden Blick auf die eigene Spiritualität.
Katholisch-Sein breiter verstehenAus Kirchgemeinden seien jedoch auch kritische Stimmen zu «Kirche urban» zu vernehmen. Simon Brechbühler ist aber überzeugt, dass die Kirche neue Wege finden müsse, um jene Leute wieder zu gewinnen, die sich von der Kirche abgewandt haben. Auch Meinrad Furrer treibt das Katholisch-Sein um und was das heute heissen könnte. Für den Zürcher Theologen muss dies viel grundsätzlicher erfasst und in eine moderne Ästhetik und Sprache übersetzt werden.
Vera Rüttimann/kath.ch, Red. (3.1.20)
Gottesdienst in der Zürcher Kirche Maria Krönung mit interaktiven Installationen.
Bild: zVg/© Meinrad Furrer
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