Trauung gleichgeschlechtlicher Paare
Am 8. November hat der Kirchenrat der evangelischen Landeskirche des Kantons Thurgau ein Kreisschreiben mit dem Titel «Umsetzung der <Ehe für alle> bei kirchlichen Trauungen» veröffentlicht. Die Leitlinie soll Klarheit zu den rechtlichen Bestimmungen schaffen und die Kirchgemeinden und Pfarrer*innen im Umgang mit dem Wunsch von gleichgeschlechtlichen Paaren nach einer kirchlichen Trauung unterstützen.
Seit dem 1. Juli können in der Schweiz gleichgeschlechtliche Ehen geschlossen und bestehende eingetragene Partnerschaften in Ehen umgewandelt werden. Die evangelische Landeskirche des Kantons Thurgau stand vor der Frage, ob sie das neue staatliche Eheverständnis auch für die kirchliche Traupraxis übernehmen solle. In der Kirchenordnung der Thurgauer Landeskirche wird die kirchliche Trauung als «Gottesdienst» bezeichnet, in dem der «Ehebund vor Gott bestätigt» und die «eheliche Gemeinschaft unter sein Wort und seinen Segen gestellt» wird. «Die Eheleute bekennen, dass sie einander aus Gottes Hand annehmen und versprechen, ihre Ehe mit seiner Hilfe in christlicher Liebe und Treue zu führen.» Der Kirchenrat versteht die Formulierung so, dass damit auch die Ehe zwischen gleichgeschlechtlichen Paaren gemeint ist. Die Landeskirche lädt gleichgeschlechtliche Paare ein, ihren Bund durch die kirchliche Trauung vor Gott zu bestätigen. Es gelten die üblichen rechtlichen Bestimmungen. Anspruch auf eine kirchliche Trauung hat ein Paar, wenn eine*r der Partner*innen der evangelischen Landeskirche angehört. Für eine kirchliche Trauung wenden sich Paare an eine Pfarrperson ihres Vertrauens oder an die Landeskirche. Die Kirchenratskanzlei vermittelt auf Anfrage eine Pfarrperson und einen Ort.
Pfarrpersonen nicht verpflichtet
Mit der Leitlinie folgt der Thurgauer Kirchenrat der Empfehlung der evangelisch-reformierten Kirche Schweiz und wahrt die Gewissensfreiheit der Pfarrer*innen, indem er festhält, dass keine Pfarrperson zur Durchführung einer kirchlichen Trauung verpflichtet werden kann. Er stützt sich dabei auf den Gewissenskonflikt-Paragrafen der Thurgauer Kirchenordnung. Die Leitlinie überlässt auch den Kirchgemeinden und ihren Behörden die Entscheidung, ob sie ihre Räume für kirchliche Trauungen von gleichgeschlechtlichen Paaren zur Verfügung stellen. Im Begleitbrief zur Leitlinie zeigt sich der Kirchenrat davon überzeugt, dass damit gleichgeschlechtliche Paare in der Landeskirche willkommen seien: «Die Leitlinie ermöglicht einen Umgang im gegenseitigen Respekt. Die Gewissensfreiheit der Pfarrpersonen, die religiösen Gefühle der Mitglieder der Kirchenvorsteherschaften und die Autonomie der Kirchgemeinden werden gewahrt.»
Die Leitlinie des Kirchenrates ist in einem sorgfältigen Diskussions- und Gesprächsprozess entstanden. Begonnen hat dieser am 27. September 2021 an einem Gesamtkapitel in der Kartause Ittingen. In den weiteren Prozess waren die Dekane der vier Kapitel einbezogen. Sie haben bei der Formulierung des Kreisschreibens mitgewirkt.
Ernst Ritzi/Red., 15.11.2022
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