Der Verein AGATHU feiert sein Jubiläum.
Am 3. September begeht der Verein Arbeitsgruppe für Asylsuchende Thurgau (AGATHU) mit einem Jahr Corona-bedingter Verspätung sein Jubiläumsfest. Ein Rückblick mit Präsident Karl Kohli auf die Entstehungsgeschichte, die Entwicklung des Vereins und die aktuelle Situation.
«Wer im Asylbereich arbeitet, muss mit einer guten Frustrationstoleranz gesegnet sein». Mit diesem Satz eröffnet Karl Kohli, seit elf Jahren Präsident von AGATHU, seine Danksagung im Jahresbericht 2020. Frustration verspürten gewiss die Gründungsmitglieder des 1995 lancierten Vereins AGATHU, da die Stadt sich mit dem Kaffeetreff für Geflüchtete gar nicht anfreunden konnte. Das gehe sie nichts an, dafür sei Bern zuständig, hiess es von jener Seite. «Es war wohl die Angst, dass dann noch mehr Flüchtlinge in das 1988 eröffnete Empfangszentrum in Kreuzlingen kommen», sagt Kohli. Auf die damalige Ablehnung folgten Akzeptanz und inzwischen ideelle sowie finanzielle Unterstützung. Der Verein erhielt gar 2014 von der Stadt den Prix Kreuzlingen, bei dem der Einsatz für das öffentliche Wohl oder für ein positives Image der Stadt ausgezeichnet werden. Auch sonst hat sich einiges getan in den vergangenen 26 Jahren: Diverse Standortwechsel und ein Ausbau der Aktivitäten und Angebote. Kohli verweist etwa auf das Projekt Integration dank Arbeit (IdA) seit 2016 oder die professionelle Rechtsberatung seit 2019.
Chance für Wiedereinstieg bieten2019 war jedoch auch ein Jahr, in dem ein frustrierender Entscheid gefällt wurde: Das Empfangszentrum wurde in ein Ausreisezentrum umfunktioniert. Statt der Geflüchteten, die hoffnungsvoll in die Schweiz kommen, sind nun solche untergebracht, die ausgewiesen werden. «Das ist eine komplett neue Situation, die hier im Café alle zu spüren bekommen», sagt Kohli. Ihm ist es deshalb ein grosses Anliegen, dass jene Flüchtlinge, die freiwillig in ihr Herkunftsland zurückgehen, eine gute Chance für den Wiedereinstieg erhalten. Dafür sollen künftig Computerkurse angeboten werden, um sich mit Word vertraut zu machen oder einen Businessplan zu erstellen. Am Jubiläumsfest vom 3. September wird Kohli zusammen mit dem Stadtpräsidenten Thomas Niederberger, mit Martin Liechti von der Asylregion Ostschweiz, mit einem geflüchteten Afghanen und zwei Freiwilligen an einem Podiumsgespräch teilnehmen.
Längerfristige BegleitungNeu möchte sich der Verein, dem heute 250 Kollektiv- und Einzelmitglieder angehören, auch für Migrant*innen ausserhalb des Asylwesens öffnen. Kohli sagt dazu: «Gerade das Nähcafé ist eine ideale Gelegenheit, dass beispielsweise Migrant*innen Einheimischen begegnen und sich austauschen können.» Die Stärke der meist pensionierten Freiwilligen liegt darin, dass sie die Flüchtlinge längerfristig begleiten können. Diese Begleitung sei zum Teil auch wirklich nötig, ergänzt Kohli. Dass es den Verein immer noch gibt, zeigt deutlich, dass dieser tatsächlich mit einer grossen Frustrationstoleranz gesegnet ist. «Wir erhalten viel Solidarität zurück», sagt Kohli.
Claudia Koch, forumKirche, 30.8.21
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