«Jeder Beitrag zählt»: Beispiel Gemüsekooperative

Der Verein bioloca baut ressourcenschonend und mithilfe von zwei Fachfrauen in der Gemeinschaft biologisches Gemüse an. Das saisonale Gemüse wird unter den Vereinsmitgliedern aufgeteilt. 

Nebel wabert über den Feldern im Chlaffental in Neuhausen (SH). Es ist ein kühler, feuchter Morgen Anfang Februar. Im ehemaligen Stall auf dem Demeter-Hof von Roland Weber stecken drei Frauen und ein Mann Lauch, Randen, Schnittsalat, Bodenkohlrabi, Rüebli, Kartoffeln, Schwarzwurzeln, Grünkohl, roten Grünkohl sowie Kartoffeln in orangefarbene und blaue Taschen. Es sind Mitglieder der Gemüsekooperative bioloca, die im November 2015 als Verein gegründet worden ist. Deren Präsidentin Nora Winzeler erzählt: «Ich habe als Bauernsekretärin gearbeitet und gesehen, zu welchen Preisen die Bäuerinnen und Bauern ihre Produkte verkaufen müssen. Die Preise liegen unter dem eigentlichen Wert. Stattdessen erhalten die Höfe Subventionen. Die Bäuerinnen und Bauern sind abhängig vom Markt und vom Staat, bei Ernteausfällen wird es schwierig. Deshalb fragte ich mich, ob es nicht eine andere Möglichkeit gibt, Landwirtschaft zu betreiben.» 

Tomatenschwemme
Gemeinsam mit zwei weiteren Frauen trieb Nora Winzeler ihr Projekt voran. Zu Beginn schwebte ihr ein Hof möglichst in der Nähe der Stadt Schaffhausen vor, mit dem sie zusammenarbeiten könnte. Die Bauern winkten ab, sie wollten keine fremden Leute auf ihrem Hof. Als Nora Winzeler im Oktober 2015 bei Roland Weber anklopfte, war dieser sofort begeistert. Er hatte kurz zuvor mit der Milchwirtschaft aufgehört und die Kühe verkauft, sodass der Stall leer stand. Zudem ist Weber offen und experimentierfreudig. Bereits im Frühjahr 2016 startete der Anbau mit 25 Mitglieder-Abos, aber angebaut wurde für 60. «Es war unser bestes Tomatenjahr», erzählt Nora Winzeler. Aktuell sind 65 Abos vergeben, angebaut wird für 75. Eine Abo-Tasche reicht für zwei bis drei Personen. Das bioloca-Gemüse wird auf dem Hof im Chlaffental angebaut, die gesamte Ernte wandert in die Taschen der Mitglieder. Für die Anbauplanung, die Aufzucht und den Unterhalt der Felder sind die beiden Gärtnerinnen verantwortlich, die auf dem Hof angestellt sind. 

Unabhängig vom Markt
Ursprünglich war die Idee, dass jedes Mitglied acht Mal im Jahr mithilft. Im ersten Jahr gab es aber solche, die 30 Mal dabei waren, während andere gar nicht halfen. So wurde ein vierstufiges Modell eingeführt. Dieses reicht vom höchsten Mitgliederbeitrag ohne Einsatz über 8, 16 und 24 Einsätze mit jeweils geringerem Beitrag. «Der Vorteil unserer Kooperative besteht darin, dass wir keinen Gewinn erwirtschaften müssen und nicht auf den Markt angewiesen sind. Es müssen einfach die anfallenden Kosten gedeckt werden. Wir haben keine Überschüsse. Und wir bestimmen selbst, was fair ist», erklärt Nora Winzeler. «Wir funktionieren als Kreislauf. Es landet fast nichts auf dem Kompost.»

Freitag ist Gemüsetag
Von Januar bis März gibt es alle zwei Wochen eine Gemüsetasche. Dafür ergänzt bioloca die eigene Ernte mit Roland Webers Lagergemüse. In den übrigen Monaten können die Vereinsmitglieder einmal pro Woche jeweils am Freitag ihre Tasche in sechs verschiedenen Depots in der Stadt Schaffhausen abholen. Dorthin werden die Taschen nach dem Befüllen mit einem Auto geliefert. Das sind kurze Transport- und Verteilwege. Der Hof von Roland Weber ist von der Endstation des Neuhauser Busses in 15 Minuten Fussmarsch zu erreichen. Viele Mitglieder kommen mit dem Velo. Es braucht je vier Leute zum Ernten und zum Einpacken. Die Einsätze werden in einen Online-Kalender eingetragen. Mittlerweile hat sich das gut eingependelt. Interessanterweise sind die Aktionstage am schnellsten ausgebucht. Das sind 16 Samstage im laufenden Jahr, an denen die Mitglieder zusammenkommen, auf den Feldern arbeiten, aber auch zusammen kochen und essen. 

Geteilte Verantwortung
«Auch wenn es ein Wermutstropfen ist, dass wir weit weg sind von der Stadt Schaffhausen, so ist es ein toller Ort. Wir fühlen uns hier sehr willkommen und frei. Wir stören niemanden, wenn die Kinder herumtollen. Nichts ist verboten», resümiert Nora Winzeler. Als Motivation, um mitzumachen, zählt das Packteam geteilte Verantwortung, gemeinschaftliches Arbeiten und viel mehr ausprobieren können als im eigenen Garten auf. Nach getaner Arbeit gönnt es sich eine Pause bei Kaffee und Tee in einem Unterstand, den sich der Verein als Aufenthaltsort mit kleiner Küche eingerichtet hat. 

Béatrice Eigenmann, 14.02.2024


Weitere Infos

Nora Winzeler, Präsidentin der Gemüsekooperative bioloca
Quelle: Béatrice Eigenmann
Einsatz für eine solidarische Landwirtschaft: Nora Winzeler, Präsidentin der Gemüsekooperative bioloca

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