Das Passionsspiel in Hallau
An Karfreitag wird um 15 Uhr in der Kirche Bruder Klaus in Hallau ein Passionsspiel aufgeführt. forumKirche hat sich bei den Verantwortlichen umgehört, was es mit diesem Spiel auf sich hat.
Ohne die beiden Katechetinnen Christel Hotz und Patricia Lichtin gäbe es kein Passionsspiel in Hallau. Da Christel Hotz in Eggingen/D wohnt, gerade jenseits der Grenze, kannte sie das Passionsspiel von Eggingen. Dieses wurde jeweils jedes zweite Jahr aufgeführt. Christel Hotz brachte die Idee mit nach Hallau. Zusammen mit ihrer Kollegin Patricia Lichtin stellte sie im Jahr 2006 ein Passionsspiel auf die Beine. «Die Textvorlage und auch Kostüme und Utensilien durften wir von Eggingen ausleihen. Ich ergänzte sie noch mit Tüchern aus meinem Fundus. So wechselte alles im Turnus über die Grenze hin und her», erzählt Patricia Lichtin mit einem Schmunzeln. Regie führte die Theaterfachfrau Ilona Marquetant Zimmermann, die mit ihrer Familie relativ frisch nach Neunkirch gezogen war. Und so kam auch ihr Mann Peter Zimmermann – heute Baureferent der Kirchgemeinde – zu seiner Rolle als Erzähler.
Früh übt sich
Von 2006 bis 2012 wurde das Passionsspiel vier Mal aufgeführt. Mit viel Herzblut und für Gottes Lohn – und für die Ergriffenheit des Publikums. Mittlerweile hatte Peter Zimmermann die Regie übernommen und führte sie im Sinne seiner verstorbenen Frau weiter. Oberstufenschüler*innen und Freiwillige spielen die Sprechrollen, von denen es 30 gäbe, wenn alle 12 Jünger besetzt wären. Aber das ist bis jetzt noch nie gelungen. Das Volk wird dargestellt von den Unterrichtskindern der ersten bis zur sechsten Klasse. Manchmal werden sie auch begleitet von jüngeren Geschwistern, die unbedingt mitmachen wollen. Eines davon ist Lina, die jüngste Tochter von Julia Schmitt. Sie war bereits mit zwei Jahren zum ersten Mal dabei. Dieses Jahr spielt sie den Malchus, einen der Knechte des Hohepriesters. Julia Schmitt sass früher im Publikum, während mindestens eines ihrer sechs Kinder im Passionsspiel mitmachte. Heute ist sie Erzählerin und Regieassistentin.
Hineinwachsen in die Rolle
2016 wurde wieder ein Passionsspiel auf die Beine gestellt durch andere Freiwillige. Julia Schmitt, deren Kinder in der Zwischenzeit älter geworden waren, fühlte sich darauf aufgefordert, selbst aktiv zu werden und für 2020 ein Spiel auszurichten – das Corona zum Opfer fiel. Sie schaffte es, Peter Zimmermann erneut zum Mitmachen zu bewegen. «In der ersten Probe ist es so chaotisch, als ob man einen Sack Flöhe hüten müsste. Da frage ich mich manchmal, was ich mir da antue», gibt er freimütig zu. «Für Oberstufenschüler*innen ist es zuerst oft peinlich, so eine Rolle zu sprechen.» Julia Schmitt ergänzt: «Du machst es aber sehr gut mit den Jugendlichen. Sie wachsen mit der Zeit hinein und spielen ihre Rolle nicht, sondern stellen die Person wirklich dar. Diese Verwandlung anzuschauen, die da passiert, ist wunderbar.»
Erzähler als Taktgeber
Patricia Lichtin erinnert sich daran, dass Kinder aufgrund von Krankheit auch mal ausfielen während der vier Proben. «Einmal musste jemand anderes die Rolle des Jesus übernehmen und las sie in erster Linie ab. Aber da der Jugendliche an allen Proben dabei war, wusste er Bescheid darüber, was er zu tun hatte.» Pfarrei- und Jugendseelsorgerin Natalie De Lisa betont, dass es sich nicht um ein Theaterstück handle, sondern das Wort Gottes dargestellt werde. Peter Zimmermann ergänzt: «Wir arbeiten ohne Technik. Die Worte des Erzählers oder der Erzählerin geben den Takt an. Daran kann man schrauben während der Aufführung.»
Bibelfester Text
Als bei der letzten Aufführung jemand gesagt hatte, der Text stimme so nicht, hat Peter Zimmermann mit Julia Schmitt den ganzen Text überarbeitet. Beide sagen, dass sie sich noch nie so intensiv mit der Bibel auseinandergesetzt hätten. Sie verglichen den Text mit den vier Evangelien. «Nun ist die Textfassung niet- und nagelfest», sagt Peter Zimmermann zufrieden. Er hat eine Dialektversion erstellt, überlässt es aber den Darsteller*innen, ob sie Dialekt oder Hochdeutsch sprechen wollen. Er und Julia Schmitt haben sich nicht nur des Textes angenommen, sondern haben 2022 die berühmten Oberammergauer Passionsspiele besucht. Sie haben sich davon einige Impulse mitgenommen – nicht zuletzt das Verwenden richtiger Kostüme statt Tücher und realistisch wirkende Requisiten. Beide fänden es schön, wenn in Zukunft genügend Freiwillige gefunden würden, die am Passionsspiel teilnehmen, damit es zu einer richtigen Tradition wird.
Béatrice Eigenmann, forumKirche, 13.03.2024
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