Ein Ehepaar verwirklicht seinen Traum einer offenen Familie

Zur Familie Bertschinger gehören Tabea (36) und Sascha (38) mit ihren beiden Töchtern Jael (8) und Malia (6). Doch da es sich nicht um eine konventionelle Familie handelt, finden hier auch andere Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene ein Zuhause. Kirche ohne Grenzen hat mit dem Ehepaar über diese Lebensentscheidung gesprochen.

Tabea und Sascha sitzen an ihrem langen Tisch im Wohnraum, in welchem es von Spielsachen und sogar Klettertürmen nur so wimmelt. Sie sind jedoch nicht allein, ihr Pflegekind R.* (3) sitzt ebenfalls am Tisch und klebt Sticker auf ein Blatt. Sie erzählen, dass sie sich von ihrem freikirchlichen Engagement in Schaffhausen kennen. Dort lernten sie trotz ihrer Meinungsunterschiede zusammenzuarbeiten. Das klappte so gut, dass sie sich verliebten und sich entschieden, ein eigenes Projekt in Angriff zu nehmen: Die Gründung einer Familie.

Die Familie wächst
Nach der Geburt der zweiten Tochter zog das junge Ehepaar in Tabeas Elternhaus. «Hier bin ich mit meinen Eltern, meiner Schwester, meinen zwei Adoptivgeschwistern und einem Pflegekind aufgewachsen», sagt Tabea lächelnd. Die Offenheit und Sorge für andere sind der jungen Frau sozusagen in die Wiege gelegt worden. Mit dem grossen Haus war die Grundlage für ihren Traum gelegt. Sie meldeten sich als SOS-Familie an und gaben auch dem Sozialamt ihre Bereitschaft kund, Kinder und Jugendliche für kurze und längere Zeit bei sich aufzunehmen. So nahm ihr Abenteuer seinen Anfang. «In den letzten zehn Jahren haben wir das Schicksal vieler Kinder und Jugendlicher kennengelernt», erzählt Sascha. Viele Jugendliche kämen aus sehr komplexen Situationen. Manche hätten drogenabhängige Eltern, andere solche, die von der Polizei abgeholt worden seien. Viele würden keine Regeln, keinen Respekt oder Dialog kennen. «Wir sind jedoch überzeugt, dass gesunde Familienstrukturen vieles auffangen können», hebt Sascha hervor. Das erlebten sie häufig, doch leider nicht immer. «Es gab auch Jugendliche, welche sich nicht einleben konnten. Das waren schwierige Situationen», sagt Tabea traurig. 

Sich vom Vertrauen leiten lassen 

Ihre eigenen Töchter seien ein wichtiger Bestandteil dieses Projektes. «Sie malen Bilder und dekorieren die Zimmer mit Willkommensschilder, jedes Mal, wenn jemand neues kommt», erzählt Tabea. Das sei für die Jugendlichen immer speziell. Sie gäben den Jugendlichen aber auch heikle Rückmeldungen wie «Du stinkst», ganz unverblümt. Von den Kindern werde dies angenommen, ohne beleidigt zu werden. Daraufhin werde dann geduscht, ohne da rüber diskutieren zu müssen. «Um diesen Lebensstil als Familie durchzustehen, müsse man wachsam und achtsam sein und sich immer wieder fragen, wo man stehe. Die Ehe, Eckstein dieses Familienprojektes, müsse auch gepflegt werden. Das Risiko sei gross, einfach nur noch zu funktionieren. Deshalb gehen Tabea und Sascha Bertschinger drei bis vier Mal zur präventiven Eheberatung. «Wir wollen uns nicht von der Angst leiten lassen, sondern mutig auf Gott vertrauen, denn wir sind überzeugt, dass das unsere Berufung ist», sagt Sascha entschieden.

Das Umfeld ist entscheidend

Um ihre Töchter machen sie sich keine Sorgen, auch wenn sie sich bewusst sind, dass jede der beiden diese Situation anders erlebt. Sie wissen aber, dass Probleme und Schwierigkeiten auch in einem klassischen Familienmodel aufkommen. «Wir verbringen dafür viel Zeit mit ihnen und begleiten sie mit unserem Gebet», erklärt Tabea. Das familiäre und freundschaftliche Umfeld sei auch grundlegend. «Die Grosseltern und Freunde unterstützen uns sehr», sagt Tabea und erzählt als Beispiel: «Bei einer Einladung wird stets gefragt: 'Für wie viele Personen tischen wir?'». Die Kraft, um sich so stark für andere zu engagieren, komme von einer persönlichen und intensiven Gottesbeziehung, von ruhigen Momenten wie einem Abend - essen in Zweisamkeit oder Hobbys – denn Wochenende oder Ferien nur im engen Kreis Bertschinger gebe es natürlich nicht. «Wenn wir in die Ferien fahren, nehmen wir alle mit. Wie eine echte Familie eben», sagt Sascha strahlend. In der Zwischenzeit hat R. in Ruhe ihren Znüni gegessen und winkt freundlich aus dem Fenster.

* Name der Redaktion bekannt

Interview & Übersetzung: Daria Serra-Rambone, Kirche ohne Grenzen, 15.12.20
 


Una famiglia senza confini 

Tabea e Sascha Bertschinger hanno scelto di formare una famiglia accogliente
 

La famiglia Bertschinger è formata da Tabea (36) e Sascha (38) con le loro due figlie Jael (8) e Malia (6). Ma non trattandosi di una famiglia convenzionale, vi trovano una casa anche altri bambini, giovani e giovani adulti per un periodo breve, ma anche a tempo indeterminato. Kirche ohne Grenzen ha parlato con questa giovane coppia di questa scelta importante.

Come mai avete fatto questa scelta così impegnativa?

Tabea: Da principio abbiamo detto che le nostre scelte sarebbero state dettate dalla fiducia e non dalla paura. In oltre desideravamo che la fede trasformasse la nostra quotidianità, non solo quell’ oretta la domenica mattina. I miei genitori hanno adottato due fratellini e preso in affidamento un’altra bimba, dunque per me questa scelta non era per niente strana. Noi siamo convinti che questa sia la nostra vocazione e la provvidenza di Dio non ci ha mai abbandonati. 

Come vivono le vostre figlie questa situazione? 

Sascha: Le nostre figlie sono fantastiche e sono decisive per i ragazzi che vengono nella nostra famiglia. Loro sono sempre entusiaste, accoglienti e prive di preconcetti. Li fanno sentire speciali e benvoluti, ma non solo. Quando notano qualcosa di strano, lo dicono liberamente, ma senza giudizio. Se ad esempio qualcuno si trascura e le bimbe sentono l’odore, glielo dicono con franchezza: «Tu puzzi.» Detto da loro nessuno si offende e la doccia vien fatta senza discutere. Siamo sicuri che per loro sia una scuola di vita. D’altra parte ci impegniamo, a essere presenti e anche i nonni e amici si dedicano molto a loro. Altrimenti non sarebbe fattibile. Nella preghiera li affidiamo costantemente a Dio e siamo certi che Lui le accom - pagna. 
 

Familie Bertschinger will auch anderen Kindern ein Zuhause geben.
Quelle: Daria Serra-Rambone
Familie Bertschinger will auch anderen Kindern ein Zuhause geben.

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