Am Ostersonntag feiert ein «Ländlicher Gottesdienst» seine Premiere

Die Frage, wie ein Gottesdienst in der Zukunft ausschauen könnte, beschäftigte die Musikerin Martina Oertli aus Wängi. Kurzerhand entschloss sie sich, selbst einen Gottesdienst zu schreiben, und vertonte diesen zusammen mit dem Musiker und Komponisten Ian Needham.

Martina Oertli, wie kamen Sie dazu, einen « Ländlichen Gottesdienst » zu schreiben ?
Martina Oertli : Wir wollten etwas machen. Aber eine Messe in der heutigen Zeit, das schränkt extrem ein. Zumindest wir hier auf dem Land haben kaum mehr eine katholische Messe, sondern Wortgottesdienste, was ich überhaupt nicht schlimm finde – im Gegenteil. Und dann war der Wunsch da, etwas zu machen, das sowohl Gottes­dienst ist, aber nicht nur auf katholischer Seite genutzt werden kann.

Ihre Texte im Gottesdienst sind in Reim­form und eher einfach gehalten. Was ist die Überlegung dazu ?
Oertli : Diese Versformen sollen der Einfachheit Ausdruck verleihen. Ich wollte einen Bezug zum Alltag schaffen und den Fokus auf die kleinen Dinge im Leben richten. Ich bin selbst katholisch geprägt, aber nicht konservativ. Die konservativen Bewegungen sind meines Erachtens teilweise sehr weit weg vom eigentlichen Leben. Ich habe das Gefühl, ich erlebe die Leute so, dass sie etwas suchen in Bezug zu ihrem Leben oder dafür etwas herausnehmen wollen. Das muss nicht immer « Hosianna in der Höhe » sein.

Wie verhält sich das musikalisch ? Bei den Texten geht es um die Verständlichkeit. In der Musik geht es um Stimmungen, die man erzeugt. Was waren die Überlegungen beim Komponieren ?
Ian Needham : Die ersten Überlegungen, die man sich als Komponist macht, sind: Wer hört dieses Stück, wer spielt es? Das geht zurück auf die generelle Idee dieses « Ländlichen Gottesdienstes ». Es ist alles entworfen für Kapellen oder Musik­gruppen, die bescheidene Ressourcen haben.

Der Gottesdienst ist für einen zweistim­migen Frauenchor und ein Holzbläser-Quintett ausgelegt. Wie flexibel ist diese Auslegung ?
Needham : Zum Chor und den Holz­bläsern gesellt sich noch ein Klavier. Technisch wird der Chor immer unterstützt. Das gehört zum Gesamtklang. Es gibt eine vereinfachte Fassung des Ganzen. Die habe ich an einem Samstag schnell eingejufelt (Oertli lacht) für Orgel und Stimmen. Heisst : In Ermangelung einer instrumentalen Gruppe kann man das Stück reduziert – mit einer Orgel – aufführen.

Sie haben die Partitur gemeinsam entwickelt. Ist die Musik eher dem Text gefolgt oder umgekehrt ?
Oertli : Es hat sicher mit dem Text angefan­gen. Dieser hat aber auch Korrekturen erfahren, beispielsweise wenn ich Ian sagte, das sei vom Rhythmus her nicht passend – oder etwas war zu lange oder zu kurz. Aber Ian hatte schon im Voraus Klangvorstellungen.

Hier möchte ich einhaken. In der Werk­beschreibung ist die Rede von geheimnis­vollen Akkorden und neuen Varianten von Chorälen. Wie experimentell ist die Ausrichtung des Werkes ?
Needham : Verglichen mit einem Karlheinz Stockhausen ist es natürlich stockkonservativ. Etwas experimentell sind die Begleitteile des Quintetts und des Klaviers. Da kann man sich auf entfernteren harmonischen Pfaden bewegen. Aber im absoluten Zentrum steht der Frauenchor, der eine stabile Basis braucht. Das Fundament ist die Melodie und die harmonische Stabilität im Chor.
Oertli : Uns ist es wichtig, dass man das Stück auch mit Leuten aufführen kann, die keine musikalische Ausbildung haben.

Vor einer Uraufführung gibt es keine Erfahrungs­werte. Inwieweit müssen Sie Ihre Arbeit noch anpassen ?
Oertli : Wir proben und führen das Stück so auf, wie es geschrieben ist, und dann sehen wir, wie es ankommt. Der Frauenprojektchor hat Mitglieder, die immer wieder mitsingen. Er hat somit eine solide Basis. Da es ein Projektchor ist, müssen wir mit wechselnden Gegebenheiten umgehen. Diese ergeben sich durch Absenzen oder Unpässlichkeiten. Ian hat singbare, stabile und klare Chorstimmen geschrieben, ohne banal zu werden. Beispielsweise ist im Satz «Glauben» die Passage «Dreifaltigkeit führt uns zum Licht» harmonisch wunderbar gebaut.

Wie tief muss man sich als Komponist in die Rolle derer hineinversetzen, die ein Stück dereinst aufführen sollen ? Wie gerade gehört, stehen Ihnen keine Profimusiker zur Verfügung.
Needham : Für mich ist Komposition ein Handwerk. Wenn Sie ein Buffet in Ihrer Stube brauchen, können Sie dem Schreiner auch sagen, was Sie wollen, und er macht das. Und so mache ich das auch.
Oertli : Es gibt sicher komplexere Stücke als unseres. Aber wir wollten etwas schaffen, das mit unseren Voraussetzungen realisiert werden kann.

Interview : Ralph Weibel, forumKirche, 8.4.25


Uraufführung «Ländlicher Gottesdienst»:
So, 20.4., 9.30 Uhr, Kirche St. Johannes Wängi.
Aufführungsrechte und Notenmaterial

Martina Oertli und Ian Needham
Quelle: Ralph Weibel
Martina Oertli und Ian Needham, alias RemoHomer, geben der Partitur den letzten Schliff.

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