Heilpädagogische Beratung im Religionsunterricht
Integration und Partizipation sind zwei Begriffe, die in den Schulen des Kantons Thurgau immer mehr an Bedeutung gewinnen. Aber nicht nur an die Volksschulen wird die Erwartung an einen fachlich fundierten Unterricht mit heilpädagogischem Blick herangetragen, sondern auch an die katholische Landeskirche Thurgau. Ein Begleitungs- und Beratungsangebot für Religionslehrpersonen besteht seit gut einem Jahr.
Kinder und Jugendliche mit einer Beeinträchtigung werden im Kanton Thurgau vermehrt in eine Regelklasse integriert. Diese Kinder besuchen auch den konfessionellen Religionsunterricht in ihrer Wohngemeinde. Doch wie können Religionslehrpersonen mit den Kindern und Jugendlichen bedarfsgerecht arbeiten? Was, wenn solche Kinder den Unterrichtsverlauf herausfordern, sich in der Gruppe nicht wohlfühlen oder Lernziele auf anderem Weg erreichen und ein grösserer Bedarf an Absprachen mit Eltern und Schule entsteht? Der Kanton gibt bei einer Integration in die Regelschule vor, dass die Schule durch heilpädagogisch geschulte Berater*innen, die in einer Sonderschule arbeiten, begleitet und beraten werden. Ein ähnliches Angebot hat die katholische Landeskirche seit mehr als einem Jahr aufgebaut. Die Fachperson für Integration und Heilpädagogischen Religionsunterricht (HRU) arbeitet auch ökumenisch mit der evangelischen Landeskirche zusammen. Sie berät und begleitet ebenso separative Sonderschulen, HRU Lehrpersonen, wie auch Pfarreien und Religionslehrpersonen in Fragen der Integration in den regulären Religionsunterricht.
Pragmatische LösungenEin Beispiel für eine Beratungssituation kann der Schulwechsel eines Schülers in die Sonderschule sein. Dabei taucht nicht nur bei den Eltern die Frage auf, wo kann das Kind nun den Religionsunterricht besuchen, sondern auch bei der Pfarrei des Schülers, die bisher für den regulären Religionsunterricht zuständig war. Die Sonderschulen im Kanton bieten meist HRU an, jedoch nicht alle, dann kommt die Beratung mit der Fachperson Integration und HRU zum Tragen. Eine weitere Aufgabe der Beratung ist die Integrationsarbeit in der Vorbereitung auf die Sakramente Eucharistie, Versöhnung und Firmung. Es kann auch vorkommen, dass sich die Sonderschule bei der Beratung meldet, weil ein Schüler gefirmt werden möchte, aber in der Pfarrei selber keine Betreuungsmöglichkeit geboten werden kann. Pragmatische Lösungen sind bei jeder Beratung das Ziel. Damit die Hemmschwelle für katechetisch Tätige nicht so hoch ist, gestaltet man den Zugang zum Beratungsangebot bewusst unkompliziert und sucht regelmässig den Kontakt zu den Verantwortlichen der Katechese in den Pfarreien, aber auch zu den Sonderschulen. Die Integration gewinnt dann an Wirklichkeit, wenn durch individuelle Beratung und Begleitung von Sonderschulen, HRU Lehrpersonen, Religionslehrpersonen in der Regelkatechese und schliesslich auch von Pfarreien die Partizipation von Kindern und Jugendlichen mit einer Beeinträchtigung gelebt werden kann.
Judith Meyer, Fachperson Integration und HRU,
Fachstelle Religionspädagogik, Kath. Landeskirche TG, 29.9.20
Nähere Informationen: www.rep.kath-tg.ch
Neuer Lehrplan verabschiedet
Kompetenzorientiertes Lernen auch im ReligionsunterrichtDie ökumenische Strategiegruppe Lehrplan Religionsunterricht verabschiedete mit Vertreter*innen der Entscheidungsinstanzen am 15. September den Lehrplan für den Religionsunterricht der beiden Thurgauer Landeskirchen.
Nach zwei Jahren intensiver Arbeit können die beiden Landeskirchen einen gemeinsamen Lehrplan präsentieren, in dem die Anliegen des Lehrplans 21 sowohl für den konfessionellen als auch für den ökumenischen Unterricht umgesetzt sind (siehe auch forumKirche Nr. 15/2020). Auf Wunsch der evangelischen Seite wurden die bisherigen sechs Kompetenzbereiche durch einen siebten ergänzt, der mit «Vertieftes Bibelverständnis erarbeiten» überschrieben ist. «Er betont die Bedeutung der Bibel als Fundament des Glaubens und schafft die Möglichkeit auch mit ganzen biblischen Erzählungen den Religionsunterricht zu gestalten», sagt Daniel Ritter, Leiter der katholischen Fachstelle Religionspädagogik (REP). Er funktioniere allerdings nicht ganz eigenständig, weil er durch Verweise mit den sechs ursprünglichen Kompetenzbereichen verbunden ist. Der Unterschied zu den anderen Kompetenzbereichen wird auf der Webseite (www.dev.lehrplan-ru.ch) auch graphisch veranschaulicht. Neben kleineren Anpassungen kamen noch die beiden Zyklen 0 und 4 für den Vor- und Nachschulbereich hinzu, die nun noch inhaltlich ausgestaltet werden. Sie richten sich vor allem an katholische Lehrpersonen.
Detlef Kissner, forumKirche, 29.9.20
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