Redaktorinnen von Vatikan-Zeitschrift treten zurück
Neuer Eklat im Vatikan: Die Redaktion der Frauenzeitschrift «Donne Chiesa Mondo» ist geschlossen zurückgetreten, weil sie sich nach Beiträgen über Missbrauch an Ordensfrauen unter Druck gesetzt sieht.
Anscheinend solle «eine vitale Initiative zum Schweigen gebracht werden», schrieb Schriftleiterin Lucia Scaraffia in einem Brief an Papst Franziskus, den die italienische Zeitung «Corriere della Sera» (Onlineausgabe 26. März) wiedergab. Zum Jahreswechsel hatten bereits Vatikansprecher Greg Burke und seine Stellvertreterin offenbar aus Frust über den Reformstau in der vatikanischen Medienarbeit das Handtuch geworfen.
«Donne Chiesa Mondo» («Frau – Kirche – Welt»), früher eine Monatsbeilage der Vatikanzeitung «Osservatore Romano», erschien seit Mai 2016 als eigenständiges Magazin, aber weiter unter dem Dach des «Osservatore». An dessen Spitze steht seit Dezember ein neuer Chefredakteur, Andrea Monda.
Scaraffia schrieb von einer Rückkehr zum «alten und starren Brauch, als verlässlich geltende Frauen von oben und unter direkter männlicher Kontrolle auszuwählen». So werde «eine positive Arbeit und ein beginnender offener und ehrlicher Umgang» erneut einer «klerikalen Selbstbezüglichkeit» geopfert. «Wir werfen das Handtuch, weil wir uns von einem Klima des Misstrauens und fortschreitender Delegitimierung umgeben fühlen», so die römische Historikerin. «Donne Chiesa Mondo» hatte im Februar-Heft über systematischen sexuellen Missbrauch von Ordensfrauen durch Bischöfe und Priester berichtet. Papst Franziskus, von Journalisten auf den Artikel und auf mögliche Konsequenzen angesprochen, räumte ein, dass es solche Übergriffe gebe: «Es ist wahr, das ist ein Problem.»
«Ohne Klerikalismen jeder Art»Chefredakteur Monda verwahrte sich gegen die Vorwürfe. In den Monaten seit seinem Dienstantritt habe er Scaraffia und den Redaktorinnen «die gleiche totale Autonomie und die gleiche totale Freiheit» gewährt, die das Magazin seit seiner Gründung gehabt habe. Die Zukunft der Zeitschrift habe nie in Zweifel gestanden. Ihre Geschichte werde «ohne Klerikalismen jeder Art» weitergehen, so Monda.
«Über die Anzeigen fiel Schweigen»In ihrem Artikel «Senza tatto» (Deutsch etwa: ohne Taktgefühl) im Februar-Heft hatte Scaraffia zwei Berichte aus den 1990er-Jahren über sexuellen Missbrauch Geistlicher an Ordensfrauen genannt.
Die Berichte der Ordensschwester und Entwicklungshelferin Maura O’Donohue sowie der Oberin der Missionarischen Schwestern Unserer Lieben Frau in Afrika, Marie McDonald, waren laut Scaraffia «präzise Anzeigen», die auf «fundierten Untersuchungen» basierten.
«Über ihre Anzeigen fiel Schweigen und man weiss nur zu gut, wie Schweigen tatsächlich dazu beiträgt, den Vergewaltigern Sicherheit zu geben, die sich ihrer Straffreiheit immer sicherer werden», schrieb Scaraffia.
Sexuellen Missbrauch von Ordensfrauen durch Priester thematisiert auch der Dokumentarfilm «Gottes missbrauchte Dienerinnen», der Anfang März auf verschiedenen Fernsehkanälen ausgestrahlt wurde.
KNA/Red. (2.4.19)
Der Film «Gottesmissbrauchte Dienerinnen» – hier ein Szenenbild – berichtet auch über sexuellen Missbrauch gegenüber Ordensfrauen.
Bild: © ARTE France
Kommentare