Ideen für Diakonie

Die zweite diesjährige Pastoralkonferenz des Kantons Thurgau stand unter dem Motto «Brennpunkt Diakonie – Was kann, was soll die Kirche heute?»

Als ersten Referenten hatte das Vorbereitungsteam Andreas Lustenberger eingeladen. Der Leiter Bereich Grundlagen und Politik der Caritas Schweiz zeigte das Budget der fiktiven vierköpfigen Familie Mustermann im Thurgau. Der Vater arbeitet zu 100 % als Lagerist mit einem Lohn von 4'250 Franken, die Mutter zu 50 % als Verkäuferin für 1'850 Franken. Zieht man alle Ausgaben ab, bleiben unter dem Strich 100 Franken, die pro Monat beiseitegelegt werden können. «Es darf nichts Unvorhergesehenes passieren», erklärte Lustenberger.

Zunehmend Familien betroffen
Gemäss Armutsdefinitionen in der Schweiz gilt Familie Mustermann nicht als arm. Die neusten Zahlen von 2022 zeigen, dass von absoluter Armut jede 12. Person betroffen ist, von Armut gefährdet jede 6. Person. Jede 5. Person verneinte, eine Ausgabe von 2'500 Franken tätigen zu können. Grund dafür sind die gestiegenen Preise, vor allem für Grundnahrungsmittel. Deshalb suchen vermehrt Familien mit kleinen Kindern die Caritas-Märkte auf. 
Kurzfristig fordert Caritas Schweiz u.a. Prämienverbilligungen, Mietpreiskontrollen, Energiezulagen, unbürokratische finanzielle Direkthilfen sowie vollen Teuerungsausgleich bei Tieflöhnen, AHV, IV und EL. Mittel- und langfristig u. a. EL für alle, bezahlbaren Wohnraum, familienfreundliche und fair entlöhnte Arbeit und einen niederschwelligen Zugang zu Beratung und Unterstützungsleistungen, da 30–35% der Berechtigten ihr Geld nicht beziehen. 

Diakonie konkret
Damian Brot, evangelischer Pfarrer in Kreuzlingen, stellte darauf das Projekt «Open Place» in den Kirchengebäuden im Ortsteil Kreuzlingen-Kurzrickenbach vor. Mit einem Aufruf in den Zeitungen wurden Ideen gesucht für einen Ort der Begegnung, offen für alle Menschen – vor allem für solche, die kein Zuhause haben. Zuerst wurde der Verein verwertBar gegründet, der Lebensmittel rettet. Daraus entstand ein Café, in dem es gratis zu essen und zu trinken gibt. Dieses wird stark frequentiert – auch von Menschen aus Konstanz. Es folgte eine Secondhand-Kleiderbörse, die regelmässig geöffnet ist und den Menschen, die dort arbeiten, einen geregelten Tagesablauf ermöglicht. Es gibt verschiedene Kochgruppen, Gesprächskurse, Märchenabende, ein kreatives Atelier, aber auch einen Gottesdienst, der ökumenisch ausgerichtet ist. «Jeder bringt sich auf seine Art ein. Wir legen nicht fest, was passiert», erklärte Damian Brot.

Kircheneintritte
Die Aktivitäten lassen sich einteilen in Soziales, Bildung, Seelsorge/Beratung und Dienst gegen aussen. «Statt einen Verein zu gründen, haben wir 2019 beschlossen, <Open Place> als Fresh expression of Church zu führen», erzählte Damian Brot. Die anglikanische Bewegung gestaltet Kirche erfrischend anders und richtet sich am Lebensgefühl derjenigen Menschen aus, die wenig oder keinen Bezug zu Gott oder zur Kirche haben. Tatsächlich kommt es dank des Projekts zu Kircheneintritten. 

Béatrice Eigenmann, forumKirche, 25.6.24
 

Damian Brot, evangelischer Pfarrer in Kreuzlingen
Quelle: Béatrice Eigenmann
Schilderte an der Pastoralkonferenz die Entstehung des Projekts «Open Place»: Damian Brot, evangelischer Pfarrer in Kreuzlingen

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