Eine App gegen Verschwendung

Lebensmittel sind sehr kostbar. In ihnen stecken materielle Ressourcen und die Arbeit vieler Menschen. Dennoch landet mehr als ein Drittel von ihnen im Abfall. Die dänische Organisation Too Good To Go möchte dieser Entwicklung entgegen - wirken. Sie stellt eine App zur Verfügung, die es der Gastronomie und Lebensmittelgeschäften ermöglicht, ihr übriges Essen zu reduzierten Preisen abzugeben.

Und wie funktioniert das Ganze? Wer Foodwaste (Lebensmittelverschwendung) vermeiden möchte, lädt sich die App auf sein Handy und registriert sich mit Namen und Mailadresse. Mit Hilfe von Filtern kann man einstellen, ob man nach Mahlzeiten, Backwaren oder Lebensmitteln Ausschau hält, ob man dabei vegetarisches oder veganes Essen bevorzugt und welche Angebote zu der präferierten Abholzeit verfügbar sind. Ist der eigene Standort klar, erscheinen auf dem Display Angebote übriggebliebener Lebensmittel aus dem näheren Umkreis, die man reservieren kann. Zum festgelegten Zeitpunkt holt man sich dann das zusammengestellte Überraschungspäckli ab und bestätigt die Aktion in der App. Die Suche wird für die Nutzer*innen umso attraktiver je mehr Betriebe sich an der Initiative beteiligen. In der Schweiz sind bis jetzt über 2'900 Restaurants, Hotels, Bäckereien und Supermärkte registriert, Tendenz steigend. «Wir bieten unseren Partnerbetrieben eine einfache und schnelle Lösung zur Reduktion von Lebensmittelverschwendung mit geringem Aufwand. Zudem verwandeln sie Reste in Einnahmen!», erklärt Alina Swirski, Country Managerin von Too Good To Go Schweiz. Ausserdem können sie durch ihre Foodwaste-Aktion profitieren. Denn aus Abholer*innen können leicht reguläre Kunden werden, weil sie auf den Betrieb aufmerksam wurden, sie dessen Engagement für die Umwelt schätzen oder ihnen einfach das Essen schmeckt. «So wird die Aktion zu einer Win-Win-Win-Situation: für die Nutzer*innen, die Betriebe und die Umwelt », resümiert Alina Swirski.

Rasante Entwicklung

Der Startschuss für Too Good To Go fiel 2016 in Kopenhagen. Dort hatten fünf Studierende die Idee, die Verschwendung von Lebensmitteln mit Hilfe digitaler Technik einzudämmen. Heute ist die Bewegung bereits in 14 europäischen Ländern zu
Hause – seit 2018 auch in der Schweiz – und gerade dabei, sich in den USA zu etablieren. Finanziell getragen wird sie durch die Kommission, die Betriebe bei erfolgter Lebensmittelabgabe an sie entrichten. «Mit den Einnahmen werden die Löhne unserer über 650 Mitarbeitenden, das Wachstum des Unternehmens und unterschiedliche Projekte zur Sensibilisierung für Lebensmittelverschwendung finanziert», sagt Alina Swirski.

Breit angelegt

Das Engagement von Too Good To Go beschränkt sich nicht auf die Verbreitung der App. «Unser langfristiges Ziel ist es, Lebensmittelverschwendung entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu verhindern », sagt Alina Swirski. So hätten sie zum Beispiel die Zusammenarbeit mit dem Schweizerischen Bauernverband gesucht und dadurch auch Kontakt zu Hofläden bekommen. Wichtig ist dem Unternehmen auch eine breite Aufklärung, beginnend bei den Jüngsten. Auf seiner Webseite stellt es Unterrichtsmaterialien für verschiedene Klassenstufen zur Verfügung, die über Vermeidung von Foodwaste informieren. Erwachsene werden durch praktische Tipps animiert, sorgsam mit Lebensmittel umzugehen. Diese betreffen eine gute Einkaufsplanung, die richtige Lagerung und die Wiederverwertung von Lebensmitteln. Weil in Europa etwa 10 Prozent aller Lebensmittel aufgrund falscher Beurteilung des Mindesthaltbarkeitsdatums im Abfall landet, ist es Too Good To Go ein besonderes Anliegen, über die Bedeutung dieser Angabe aufzuklären. Mit der Initiative «Oft länger gut» werden Verbraucher* innen ermutigt, für gut befundene Lebensmittel auch nach Ablauf dieses Datums zu verwenden.

Ein gemeinsames Ziel

Und wie steht Too Good To Go zu anderen Initiativen, die ähnliche Ziele verfolgen wie z. B. Tischlein deck dich oder RestEssBar? «Wir schätzen deren Arbeit. Und wir ergänzen uns gegenseitig», erklärt Alina Swirski. Es gibt Situationen, in denen solche Institutionen übrig gebliebene Lebensmittel nicht übernehmen können, weil sie schon am nächsten Tag ablaufen oder die Menge die eigene Logistik überfordert. «Dann kommen wir ins Spiel», so Swirski. Die App bietet darüber hinaus die Möglichkeit Hilfsorganisationen mit einer Spende zu unterstützen.

Detlef Kissner, forumKirche, 15.9.20


Zahlen Derzeit haben sich bei To Good To Go Schweiz über 960'000 User und ca. 2'900 Betriebe registriert. Im Thurgau sind es 103 Betriebe, in Schaffhausen 31. Im Thurgau konnten bisher ca. 26'000 Essen gerettet werden, in Schaffhausen 4'400.  

Nähere Infos auf www.toogoodtogo.ch 
 


 

Persönliche Erfahrung

Ich nutze die App seit der Einführung vor gut zwei Jahren regelmässig. Erst sporadisch, weil es damals in Winterthur noch nicht so viele Angebote gab, dann, nach meinem Umzug aufs Winterthurer Land und vor allem dem Beitritt der beiden grossen Lebensmittelgeschäfte: Migros und Volg, nun mindestens zwei bis dreimal pro Woche, da ich direkt gegenüber eines Volg-Geschäfts wohne. Ich kann die App, die sehr einfach zu bedienen ist, und die Dienstleistung an sich, nur empfehlen. Man rettet nicht nur Lebensmittel, die ansonsten in der Abfalltonne gelandet wären, die Portionen oder Einkaufskörbe sind je nachdem reichlich gefüllt (basierend auf meinen Erfahrungen im Volg und in der Migros; kann je nach Betrieb variieren) und das für wenig Geld. Zudem ist der Kundendienst der Organisation sehr freundlich und handelt unkompliziert, falls einmal etwas mit einer Bestellung nicht funktioniert haben sollte. (sas)

Im Überraschungspäckli bekommt man leckeres Essen, das sonst auf dem Abfall gelandet wären.
Quelle: © Too Good To Go
Im Überraschungspäckli bekommt man leckeres Essen, das sonst auf dem Abfall gelandet wären.

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