Lage im Iran spitzt sich weiter zu
Die Lage von Christen im Iran spitzt sich nach Einschätzung von Menschenrechtlern zu. Die Situation sei vor allem für vom Islam zum Christentum konvertierte Menschen «äusserst bedrohlich».
In den vergangenen Wochen seien «35 bekennende Christen verhaftet worden», teilte die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) mit Sitz in Frankfurt mit. Zudem habe es Dutzende Hausdurchsuchungen gegeben. Vier christliche Konvertiten wurden demnach am 1. August wegen «Verbreitung des zionistischen Christentums» und «Handlungen gegen die Staatssicherheit» zu Gefängnisstrafen zwischen zwei und fünf Jahren verurteilt.
Hohe Kaution verlangtLaut IGFM wurde zudem die Familie des iranisch-armenischen Vorsitzenden einer christlichen Hauskirche, Joseph Shahbazian, aufgefordert, für die Haftentlassung des Familienvaters umgerechnet rund 127’000 Euro Kaution zu zahlen. Dieser Betrag sei doppelt so hoch wie die bisher höchste Summe, die zur Freilassung eines christlichen politischen Gefangenen im Iran gezahlt worden sei. IGFM-Vorstandssprecher Martin Lessenthin erklärte: «Wir beobachten mit grosser Sorge eine Zuspitzung der Verfolgung der Religionsgemeinschaften im Iran, die verdächtigt werden, die Mullah-Diktatur nicht zu unterstützen.»
Missionarische Christen besonders betroffenMenschen würden willkürlich verhaftet. Zudem würden «Kautionsforderungen in absurder Höhe» von Revolutionsgerichten oder nachgeordneten Staatsanwaltschaften «in Bargeld» gefordert, sagte Lessenthin. «Das sind Forderungen, die die Familien in den finanziellen Abgrund stürzen.» Eine wachsende Armut im Land und eine Überforderung wegen der Corona-Pandemie führten dazu, dass das iranische Regime immer härter gegen Andersdenkende vorgehe. Laut Lessenthin sind vor allem «evangelikale, missionarische Christen» betroffen.
Neues GesetzBereits Ende Juli berichtete Open Doors über zunehmende Verhaftungen von Christen im Iran. Ihnen wird vor allem der Besitz christlicher Literatur vorgeworfen. «Ein Gericht in Buschehr, einer Stadt im Südwesten Irans, wertete den Besitz christlicher Literatur als Beweis dafür, dass die Beklagten aktiv an der Verbreitung des Evangeliums gearbeitet hätten», schreibt das christliche Hilfswerk. Es zitiert Mansour Borji, Sprecher der Menschenrechtsorganisation Article 18: «Diese Menschen haben nichts getan, was als ‹staatsfeindliche Propaganda› oder ‹Handeln gegen die nationale Sicherheit› ausgelegt werden könnte, trotzdem wurden sie so ungerecht behandelt.» Die Aggression gegenüber Christen wird vor allem auf die im Mai vom Parlament verabschiedeten Änderungen der Artikel 499 und 500 des Strafgesetzbuches zurück - geführt. Sie sehen vor, dass «[von gängigen Normen] abweichende psychologische Manipulation» oder «islamwidrige Propaganda», ob im «realen oder virtuellen Bereich» mit Gefängnis, Auspeitschung, Geldstrafen oder sogar mit der Todesstrafe geahndet werden können.
KNA/Open doors/Red., 18.8.20
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