50 Jahre Fastenopferkirche in Tägerwilen
Aus einem Provisorium wurde im Laufe der Zeit ein dauerhafter und sehr geschätzter Gottesdienstort: Die Bruder-Klaus-Kirche in Tägerwilen, die als schlichte Fastenopferkirche errichtet wurde, wird 50 Jahre alt. Die Pfarrei St. Stefan feiert das Jubiläum am 22. September in einem Gottesdienst mit Bischof Felix Gmür.
Beflügelt durch die Aufbruchsstimmung des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962–65) gab Fastenopfer 1966 ein Projekt in Auftrag, mit dem wachsende Kirchgemeinden unterstützt werden sollten. Ziel war es, «einen würdigen Raum für Gottesdienst und Seelsorge zum Preis eines komfortablen Einfamilienhauses» zu entwickeln – wie es in einem Zeitungsartikel hiess. Der Architekt Hanns Anton Brütsch entwarf einen einfachen, zeltförmigen Kirchentyp, der mehrfach vorproduziert und auf unterschiedlichem Gelände aufgestellt werden konnte. Neben dem Gottesdienstraum mit ca. 350 Sitzplätzen waren eine Sakristei und Gruppenräume in das Gebäude integriert. Ein Bausatz kostet nur 350‘000 Franken. Die Fastenopferkirche war von Anfang an als Notkirche konzipiert, die leicht wieder abgebaut werden konnte. Zwischen 1967 und 1973 wurden in der Schweiz 13 «echte» Fastenopferkirchen errichtet. Diese unterscheiden sich von anderen Hilfskirchen, die im gleichen Zeitraum von einem Aarauer Generalunternehmen realisiert wurden.
Entschiedener EinsatzAuch im reformiert geprägten Tägerwilen wuchs die Zahl der Katholiken, vor allem durch den Zuzug aus südeuropäischen Ländern. Immer mehr Gläubige mussten sonntags zum Gottesdienst nach Kreuzlingen-Emmishofen laufen. Der damaliger Pfarrer, Hans Schälli, unterstützte einen Kirchenneubau in Tägerwilen, da «für Fussgänger die Verhältnisse auf der verkehrsreichen Strasse fast unhaltbar geworden sind», wie er in einem Brief an die Gemeinde schrieb. Weil die Katholikenzahl für die Errichtung einer eigenen Pfarrei (noch) zu gering gewesen sei, habe man sich für eine Notkirche als «Übergangslösung» entschieden. Bruno Schlauri, einer der Zeitzeugen von damals, war ein Jahr nach der Kirchweihe nach Tägerwilen gezogen. Für ihn ist klar, dass der kleine Ort vor allem Hans Schälli seine katholische Kirche verdankt: «Er war sehr aufgeschlossen und vorausschauend und hat sich mit aller Kraft dafür eingesetzt. » Dass man sich von der Ausführung her für eine Notkirche entschied, hing letztlich nicht nur mit den Kosten zusammen. Pfarrer Schälli begründete diese Entscheidung in seinen Brief mit der wachsenden Verantwortung «gegenüber den Brüdern in der Diaspora und in den Entwicklungsländern».
Sein Vorhaben erntete aber nicht nur Zustimmung. «Manche reformierte Christen standen ihm anfangs skeptisch gegenüber», erinnert sich Bruno Schlauri. Pfarrer Schälli schrieb dazu: «Wir sind überzeugt, dass gerade durch die Bruder-Klausen- Kirche am Ort das ökumenische Verhältnis immer besser werden wird.»
Nachdem für das Bauvorhaben ein Kredit von 580‘000 Franken von der Kirchgemeinde Kreuzlingen-Emmishofen genehmigt worden war, konnte im Frühjahr 1969 mit den Aushubarbeiten begonnen werden. Schon ein halbes Jahr später war die Kirche fertiggestellt. Bereits am Bruder-Klaus-Sonntag, 28. September, feierte die Gemeinde dort ihren ersten Gottesdienst. Die Pfarreiangehörigen von Kreuzlingen-Emmishofen empfanden es als besondere Ehre, dass Bischof Anton Hänggi am 16. November anreiste, um ihre Filialkirche im Beisein zahlreicher Ehrengäste zu weihen. Obwohl die Gemeindemitglieder sich sehr über die neue Kirche freuten, mussten sich manche zunächst mit deren modernen Bauform anfreunden. «Der Baustil hat damals nicht allen gefallen», erinnert sich Bruno Schlauri. Trotzdem war der Bau an sich der richtige Schritt. Die Kirche sei über Jahrzehnte immer sehr gut besucht gewesen. «Es war eine sinnvolle Investition von A bis Z», so Schlauri.
WeiterentwicklungWas als Provisorium geplant worden war, wuchs den Gläubigen von Tägerwilen immer mehr ans Herz. 1991 erhielt die Bruder-Klaus-Kirche ein grosses, farbenprächtiges Chorbild, das vom ortsansässigen Malermeister Daniel König realisiert wurde. Schon damals betonte Pfarrer Schmid in seiner Predigt, dass die Kirche «nicht mehr als Dauereinrichtung in Tägerwilen wegzudenken ist.» Durch eine grundlegende Renovation im Jahr 2011 und einen Anbau mit einer neuen Treppe und einem Aufzug zu den Gruppenräumen wurde dieser Status endgültig bestätigt. Heute können sich die Tägerwiler Christen über eine helle, einladende Kirche freuen, in der sie Gottesdienst feiern und sich zu verschiedenen Anlässen treffen können.
Detlef Kissner (5.9.2019)
Nähere Infos zum Jubiläum: www.kath-kreuzlingen.ch
Die Bruder-Klaus-Kirche in Tägerwilen wird 50 Jahre alt.
Bild: Detlef Kissner
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