Über den synodalen Weg der Weltkirche
Auch wenn der vom Papst geforderte synodale Weg der Weltkirche erst im Oktober beginnen soll: Es zeigt sich bereits, wie unterschiedlich er ausfallen wird. Und eine Erfolgsgarantie gibt es schon gar nicht.
Priesterlicher Zölibat und ein Priestertum der Frauen «sind nicht die Probleme, die die Kirche und die Menschheit heute plagen», antwortet Kardinal Gualtiero Bassetti auf Reporterfragen: «Die wirklichen Probleme sind Kindererziehung, Arbeit, Familie», so der Vorsitzende der Italienischen Bischofskonferenz zum Abschluss der Vollversammlung. Er reagierte damit auch auf eine Äusserung des Vorsitzenden der Linksdemokraten PD, Enrico Letta. Der hatte der Kirche empfohlen, «sich zu öffnen und Frauen mehr wertzuschätzen bis zu Überlegungen über ein weibliches Priesteramt».
Von vorn beginnen oder parallel weiter?
Wenn in Deutschland Thomas Sternberg, der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), darauf hinweist, die konkreten Themen des weltweiten Prozesses seien noch nicht klar genug, deutet sich die unterschiedliche Denke bereits an. ZdK und Deutsche Bischofskonferenz wurden von der Ankündigung aus Rom offenbar überrascht. Gleichwohl werteten Sternberg und auch Bischof Georg Bätzing als Vorsitzender der Bischofskonferenz das Vorhaben des Papstes als Bestätigung für den synodalen Weg in Deutschland. Dort stellt sich nun die Frage, wie man die komplexen Strukturen des synodalen Wegs mit dem vom Papst geforderten weltweiten synodalen Prozess koordiniert. Und: Fangen einzelne Bistümer jetzt wieder von vorne an und beginnen einen parallelen Weg, was den Vorgaben aus Rom durchaus entsprechen würde? Münchens Kardinal Reinhard Marx ist «dankbar, dass der Papst den synodalen Weg auf die Kirche weltweit ausgeweitet hat», gehe es doch darum, «den Weg der Kirche von morgen miteinander zu suchen.» Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki vermied es dagegen, in seiner ersten Reaktion den synodalen Weg in Deutschland zu erwähnen. Lateinamerikas Bischöfe halten sich noch bedeckt. Immerhin sei «eine Synode mit einer noch nie dagewesenen Methodik» geplant, von der «schon viele Elemente in der lateinamerikanischen und karibischen Kirche zu sehen sind», heisst es in einer Erklärung des Lateinamerikanischen Bischofsrates (CELAM).
Warnung vor liberalem ProtestantismusIn Australien beginnt im Oktober nun das bereits 2018 angekündigte Plenarkonzil. Auch dort hat die Kirche durch Missbrauchsskandale viel Vertrauen verloren. Daher wolle man in einem «offenen und inklusiven Prozess von Zuhören, Dialog und Einsicht» über die Zukunft der katholischen Kirche in Australien beraten. Kardinal George Pell, früherer Erzbischof von Sydney, warnte derweil seine Landsleute genau wie die Katholik*innen in Deutschland vor einem «liberalen Protestantismus ». Der «verliert noch viel schneller und mehr Mitglieder als wir», sagte er. Eine entscheidende Frage laute: «Sind wir Diener und Verteidiger der apostolischen Tradition, des Glaubens, der Offenbarung – oder deren Herren, so dass wir sie grundlegend ändern könnten?» In Irland wollen die Bischöfe binnen fünf Jahren eine Nationalsynode einberufen. Zu dieser soll es vorbereitend einen «synodalen Weg» geben. Kurienkardinal Mario Grech, zuständig für die Organisation des weltkirchlichen synodalen Wegs, hatte bereits Gespräche mit den Iren, auch um mögliche Vernetzungen auszuloten.
Gefahr des ScheiternsDie weltkirchliche Skepsis gegenüber dem synodalen Weg in Deutschland speist sich – oft mangels nuancierter Informationen – aus dem Klischee vom teutonischen Organisationswahn. Mit Arbeitskreisen, Organisation und Strukturen erreiche man keine Herzen der Menschen, spöttelte Kurienerzbischof Giacomo Morandi. Natürlich sei Synodalität eine Möglichkeit für Laien sich einzubringen, «ohne aber in einen ideologischen Gegensatz zum Klerus zu geraten oder selber klerikal zu werden», so der Sekretär der Glaubenskongregation. Andererseits ist noch offen, ob der weltweite synodale Weg tatsächlich gelingt. Der verkündete Aufbruch zu einem neuen Miteinander in der Kirche kann mancherorts verpuffen, weil man dort ganz andere Sorgen hat. Umgekehrt kann die angestossene Debatte – entgegen päpstlicher Absicht – zu weiteren Spannungen, ja Spaltungen führen. Das Ideal der Synodalität funktioniert nur, wenn wirklich jeder ernsthaft gewillt ist, anderen zuzuhören, Ideen, Ängste, Hoffnungen nachzuvollziehen und Wege zu suchen, die möglichst alle mitgehen können. Stellt nur eine kleine Fraktion auf stur – ob traditionalistisch oder progressistisch – scheitert das Projekt.
Roland Juchem, kath.ch/Red. forumKirche, 8.6.21
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