Eine Teilnehmerin am Glaubenskurs schildert ihre Eindrücke

Der Glauben kann einem neue Kraft geben, das Leben bereichern, wenn man ihn entstaubt und Hindernisse beseitigt, die den Weg zu ihm verstellen. Diese Erfahrung durfte Charlotte Fürer bei einem zweijährigen Glaubenskurs machen, den die Fachstelle Kirchliche Erwachsenenbildung (KEB) der katholischen Landeskirche Thurgau regelmässig anbietet (siehe Kasten).

«Mir waren christliche Bräuche nie wichtig», bekennt Charlotte Fürer, die in der anglikanischen Kirche gross geworden ist. Dennoch hatte sie es sich angewöhnt, auf ihren Jogging-Runden das Vaterunser zu beten. Und sie spürte, dass sie die Frage nach Gott stark beschäftigte: «Wer ist er, sie, es? Und wie lässt sich diese Urkraft der Welt finden?» Die Antworten der christlichen Tradition empfand sie bei ihrer Suche nicht hilfreich – im Gegenteil. Sie hatte das Gefühl, dass sie ihr den Weg zu Gott versperrten, weil sie ihr noch mehr Unklarheiten bescherten: «War Jesus der Sohn Gottes? Und was bedeutet dies? Ist er wirklich für meine Sünden gestorben? Bin ich nicht auch ein Kind Gottes? Wie kann ich in der grausamen Geschichte des Christentums die sogenannte Liebe Gottes finden?»

Nach und nach wurde Charlotte Fürer klar, dass sie für sich Antworten auf diese Fragen finden musste: «Ich ahnte, dass dahinter etwas Wertvolles steckt.» Bei ihrer Suche stiess sie auf den Glaubenskurs der KEB und meldete sich gleich für alle Module an. Dennoch blieb sie vorsichtig. Sollte sie wieder mit vorgefertigten Glaubenssätzen abgespeist werden, wie sie es zuvor bei zwei anderen Gruppen erlebt hatte, würde sie sich wieder abmelden. Das würde ihr nicht weiterhelfen. Der Einstiegsabend wurde so zur Nagelprobe.

Schätze der Bibel

Charlotte Fürer fand, was sie suchte: einen Ort, an dem man verständnisvoll auf die Fragen der Teilnehmenden einging, sie ernst nahm und miteinander um Antworten rang. Sie lernte viel über die Bibel, z. B. wie sie entstanden war und was ihre Texte aussagen wollen. Sie war für sie nicht länger ein «altmodisches Buch», sondern eine Sammlung von Lebensweisheiten, die bis heute Gültigkeit haben. Besonders gefallen ihr die Geschichten im Alten Testament, in denen Menschen ganz «ungeschminkt» mit ihren Fehlern dargestellt werden: «Das macht mir Mut, mich selbst zu akzeptieren und liebevoll mit meinen Fehlern umzugehen.» Aber sie geniesst es auch, an schwierigen biblischen Aussagen herumzuknabbern, so z. B. am Wort Jesu «Wer aber sein Leben um meinetwillen verliert, wird es finden» (Mt 16, 25). Dieser Satz sei zwar sperrig. Da Charlotte Fürer aber darin eine tiefe Wahrheit vermutet, möchte sie sich weiterhin mit ihm auseinandersetzen. Was sie über die Kirche erfuhr, irritierte sie zum grossen Teil, ja machte sie sogar traurig. In deren Geschichte und Dogmen konnte sie oft nicht die weite Liebe Jesu entdecken. Dennoch empfand sie diese Ent-Idealisierung der Kirche als heilsam: «Ich konnte endlich das Christentum und die Kirche von der Wirklichkeit Gottes trennen. Religionen wollen Wege zu Gott aufzeigen, sind aber nicht identisch mit Gott.» Diese neue Sicht erlebte sie als sehr befreiend.

Zugang zu Gott

Die Auseinandersetzung mit Glaubensfragen wirkte in Charlotte Fürers Alltag hinein. Sie half ihr auf der Suche, sich selbst und damit auch Gott ein Stück näherzukommen: «Ich weiss heute, wie ich zu Gott Kontakt finden kann und spüre auch, wenn dieser Kontakt verloren geht.» Die Störgeräusche von früher seien verstummt. Dieser neue Zugang zu Gott half ihr auch, mit alten Verletzungen besser zurechtzukommen: «Durch das Gebet tun sie nicht mehr so weh», sagt sie.

Schliesslich könne sie heute viel freier mit ihren Kindern und ihrem Mann über Glaubensfragen reden. Auch bei Menschen, die sich spirituell offen zeigten, habe sie weniger Scheu, religiöse Themen anzusprechen. Wenn sie dabei auf andere Ansichten stösst, kann sie diese einfach so stehen lassen. Auch das hat sie in der Gruppe des Glaubenskurses gelernt: «Ich muss andere Meinungen nicht übernehmen und umgekehrt auch nicht. Denn die Beziehung zu Gott ist eine persönliche Angelegenheit.»

Detlef Kissner (19.11.19)


Zum Glaubenskurs

Der Glaubenskurs der KEB setzt sich aus zwei Modulen des Weiterbildungskonzeptes ForModula zusammen, die jeweils in drei Abschnitte unterteilt sind. Das Modul «Bibel – Inspiration für heute », mit dem der Kurs im Januar 2020 beginnt, zeigt auf, wie die Bibel verstanden werden kann, und gibt Einblicke in die Botschaft Jesu. Das zweite Modul «Wie christlich leben?» setzt sich mit der Kirche, ihrer Entstehung und ihrer Rolle für den Glauben auseinander.


 

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Charlotte Fürer lässt sich gern durch Worte der Bibel herausfordern.

Bild: Detlef Kissner

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