Von der Glaubensstärke der verfolgten Christen lernen
Seit über 50 Jahren engagiert sich Volker Kauder für verfolgte Christen. An einer Veranstaltung der Akademie der älteren Generation in Konstanz informierte der deutsche Politiker über die aktuelle Situation.
«Beten Sie für uns, denn wenn Sie für uns beten, dann haben Sie uns nicht vergessen», diesen Wunsch gab der Bischof einer verfolgten christlichen Gruppe dem Bundestagsabgeordneten Volker Kauder einst mit auf den Weg. Als langjähriger enger Weggefährte der früheren Kanzlerin Angela Merkel verfügt Volker Kauder über beste internationale Kontakte. Auf seinen Reisen war er immer wieder beeindruckt von der inneren Stärke, mit der die Christen ihren Glauben trotz der Verfolgung leben.
Problem: Nationalismus
In Indien gelten unter Premierminister Modi nur Hinduisten als gute Inder. Daher leiden sowohl Christen als auch Muslime unter Benachteiligungen. In den Bundesstaaten Odisha und Manipur werden christliche Familien aus ihren Dörfern verjagt und ihre Kinder dürfen keine Schulen besuchen. Selbst trotz anderslautender Gerichtsurteile hat sich die Situation nicht verbessert. Stein des Anstosses ist das christliche Menschenbild, wonach jeder Mensch ein Ebenbild Gottes ist. Dies wird als Angriff auf die hinduistische Kultur gewertet, da die Kaste der Dalits, der Unberührbaren, traditionell als minderwertig gilt. Erschwerend kommt hinzu, dass die führende BJP-Partei danach strebt, Hinduismus und Nationalismus zu verbinden.
In den Untergrund verdrängt
«In China nimmt die Zahl der Christen täglich zu», wusste Volker Kauder zu berichten. Aber neben der kommunistischen Parteilinie bleibe kein Platz für eine eigenständige Religion. «China tötet zwar keine Christen, aber ermordet ihr Leben», brachte Volker Kauder die Situation pointiert auf den Punkt. Die digitale Erfassung sei dort in den städtischen Gebieten sehr weit fortgeschritten – etwa ein Drittel aller Bewegungen im Alltag werden per Kameras oder Handyortung erfasst. Auch alle Kirchen seien mit Kameras versehen. «Das führt zur Abwanderung in den Untergrund, was aber sehr problematisch ist, denn dort ist man ganz auf sich allein gestellt», meinte der Politiker. Es sei die Intention der Regierung, dass sich diese Kirchen langfristig auflösen. Der Vatikan versuche zwar, mit der Regierung ein Übereinkommen zu treffen, allerdings sei das Problem, dass die Kommunistische Partei die Führungspersonen bestimmen und so die Kirche steuern wolle. Auch die Bibel müsse so übersetzt werden, dass es mit der chinesischen Kultur zusammenpasse, beschrieb Volker Kauder die massive Einflussnahme der chinesischen Regierung.
Wenn der Staat wegschaut
Daneben gebe es Staaten, in denen die Polizei mit dem Schutz von Christen überfordert sei oder schlicht kein Interesse daran habe. Generell lasse sich sagen: Wo der Islam herrsche, stünden die Christen unter Druck, weil sie öffentlich gar nicht in Erscheinung treten dürfen. In Saudi-Arabien etwa gebe es viele christliche Gastarbeiter, die keinerlei Rechte haben und Menschenrechtsverletzungen wie beim Bau der Fussballstadien für die WM in Katar schutzlos ausgeliefert sind .
Auch in Afrika werde die Situation immer schlimmer. Die weltweit stärkste Verfolgung fand 2023 im Norden von Nigeria statt, wo im vergangenen Jahr über 4'000 Christen getötet wurden, sodass Särge mittlerweile Teil der Landschaft seien, wie ein örtlicher Bischof klagte. Mit der zunehmenden Wirtschaftshilfe aus China werde immer auch Ideologie transportiert, meinte Volker Kauder. So würden in Afrika regionale Herrscher nach chinesischen Interessen ausgebildet, auch der russische Einfluss sei stärker geworden. Und in Syrien und im Irak drohe das Ende einer jahrtausendealten christlichen Kultur. In Tur Abdin in der Südtürkei, wo es einst 80 Klöster gab, gebe es heute nur noch wenige Tausend Christ*innen. Ein Überleben sei nur im Ausland möglich. Irak und Syrien drohten zu einer christenfreien Zone zu werden, skizzierte Volker Kauder die Situation. «Doch überall, wo Christen vor Ort sind, gibt es qualifizierte Bildungs- und Sozialarbeit und funktionierende Gesundheitseinrichtungen – und zwar für alle Menschen, egal, welcher Religion sie sind», betonte der deutsche Politiker. Daher appellierte er an die Zuhörer*innen, die Not der Glaubensgeschwister weltweit nicht zu vergessen und gab ihnen den Rat mit: «Verachtet keine andere Religion, sondern sprecht fröhlich von eurer eigenen.»
Klaus Gasperi, 24.7.24
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