Die Aktionen des SKF im Frauenjahr
Zum 50-Jahr-Jubiläum des Frauenstimmrechts sind schweizweit zahlreiche kulturelle, gesellschaftliche und politische Anlässe geplant; auch und trotz Bremse durch die Pandemie von Seiten des Schweizerischen Katholischen Frauenbundes (SKF). Deren Präsidentin, Simone Curau-Aepli, erklärt im Interview, welche Projekte das sind, wie der momentane Stand des kirchlichen Erneuerungsprozesses ist und inwiefern der SKF sich wandeln muss, um auch in Zukunft Frauenanliegen gerecht zu werden.
Gibt es in diesem Jahr viel zu feiern oder viel mehr zu tun?Es gibt immer etwas zu tun. Wir wollen das Jahr nutzen, um zu überprüfen, in welchen politischen Gremien sich in punkto Partizipation von Frauen wirklich etwas verändert hat und wo noch Handlungsbedarf besteht. Dazu haben die Frauendachverbände unter dem Lead von alliance f zwei besondere Veranstaltungen geplant. Das ist einerseits das Frauenrütli am Nationalfeiertag. An diesem Ort mit seiner starken symbolischen Bedeutung soll am 1. August ein grosses Frauenfest stattfinden, an dem wir den dafür notwendigen enormen Einsatz zahlreicher Frauen würdigen. Neben dem Blick zurück und dem Blick nach vorne möchten wir vor allem die Gegenwart feiern und hoffen deshalb, dass es die Situation bis dahin zulässt, um die 2'000 Teilnehmerinnen auf dem Rütli begrüssen zu können.
Und der zweite Anlass?Das ist die Frauensession, die dieses Jahr am 29. und 30. Oktober im Bundeshaus stattfindet. Sie hat das Ziel, die dringlichsten politischen Anliegen von in der Schweiz lebenden Frauen in Bezug auf die Erneuerung des Demokratie-Verständnisses und die Partizipation in allen Lebensbereichen zu erarbeiten. Diese sollen anschliessend dem Parlament und dem Bundesrat gegenüber als konkrete Forderungen formuliert werden, um diesbezüglich Prozesse auf allen Ebenen anzustossen. Während der zwei Tage werden 246 Frauen aus allen Regionen der Schweiz Anträge aus eigens dazu gebildeten Kommissionen behandeln. Der SKF organisiert zusammen mit den Evangelischen Frauen Schweiz (EFS) die staatspolitische Kommission. Wir widmen uns darin den Fragen nach der Partizipation von Migrantinnen an politischen Diskursen.
Was ist heute das Wichtigste, wofür sich Frauen einsetzen sollten?Frauen sollten in ihrem beruflichen, politischen und gesellschaftlichen Umfeld ganz bewusst Anliegen von Frauen einbringen. Sie sollten sich gegenseitig darin bestärken, neue Wege zu finden, wie in allen Lebensbereichen eine höhere Beteiligung von Frauen und Diversität erreicht werden kann. Sie sollten sich gegenseitig dazu ermutigen, Vorschläge zu erarbeiten, wie beispielsweise das politische Engagement mit Familie und Beruf besser vereinbar ist. Des Weiteren ist es wichtig zu erinnern. Wir können proaktiv in den Gemeinden darauf hinwirken, dass Frauen, die Wesentliches für die Gesellschaft leisten oder geleistet haben, in der Öffentlichkeit vermehrt sichtbar gemacht werden.
Im Januar 2021 gründeten Jubla Schweiz, SKF und die Christliche Sozialbewegung Schweiz (KAB) zusammen die reformkatholische Organisation Allianz Gleichwürdig Katholisch. Mit welcher Vision und welchem Ziel?Die Allianz Gleichwürdig Katholisch ist eine offene Projektgemeinschaft mehrerer katholischer Organisationen und Initiativen sowie interessierter Einzelpersonen. Sie hat sich dem Grundsatz verschrieben: Gleiche Würde, gleiche Rechte in der katholischen Kirche und in der Welt. Damit setzt sie sich gegen jede Form von Diskriminierung in Bezug auf das Geschlecht, den Lebensentwurf, die sexuelle Ausrichtung oder den Zivilstand ein. Es kann nicht sein, dass eine katholische Kirche aufgrund verschiedener Kriterien Menschen minder bewertet und ihnen die Chance verwehrt, ihre Talente einzubringen. Wir setzen uns ein für synodale, transparente und partizipative Dialoge und Entscheidungen auf allen Ebenen. Dafür, dass Macht und Verantwortung geteilt wird und das proaktiv – im Sinne von präventiv und offen – gegen je - gliche Form von Missbrauch vorgegangen wird. Die Kirche muss dafür einstehen, um im Sinne des Evangeliums glaubwürdig zu sein. Wir wünschen uns, dass sich dieser Allianz Einzelpersonen, Gruppierungen und Aktionsgruppen, Vereine, Verbände und Kirchengemeinden anschliessen, die sich für diese Vision in ihrem Umfeld einsetzen.
Gibt es bezüglich der Gespräche des SKF mit der Schweizerischen Bischofskonferenz (SBK) rund um die Erneuerung der katholischen Kirche in der Schweiz schon konkrete Ergebnisse?Ja, die gibt es. Die Arbeitsgruppe ist weiter aktiv. Sie besteht aus SKF-Frauen aus der Deutschen Schweiz, der Romandie und dem Tessin, von Seite der SBK aus zwei Vertreterinnen des Frauenrats, Generalsekretär Erwin Tanner und bis anhin aus Weihbischof Denis Theurillat, dem bisherigen Verantwortlichen der SBK für Frauen fragen. Die Zuständigkeit für Frauenfragen und den Frauenrat hat nun vorläufig Bischof Markus Büchel übernommen. Gemeinsam wurden sieben Erwartungen an den Veränderungsprozess erarbeitet. Darunter beispielsweise die Forderung, dass in den Gremien der deutschsprachigen und französischsprachigen Ordinarienkonferenzen Frauen ständigen Einsitz haben. In den nächsten Wochen finden hierzu die ersten Gespräche statt, um die Reglemente dahingehend zu überarbeiten. Weiter erwarten wir Überlegungen dazu, inwieweit das sakramentale Verständnis ausgeweitet werden kann, so dass Frauen offiziell beauftragt werden, um beispielsweise die Taufe oder die Krankensalbung zu spenden. Um diesen Punkt zu diskutieren, wird das Präsidium der SBK noch dieses Jahr eine Fachtagung organisieren. Zudem soll der Frauenrat der SBK reorganisiert und zu einer Kommission umfunktioniert werden, die Vorschlagsrechte und Befugnisse hat. Wir sind positiv gestimmt, dass aus unseren Erwartungen konkrete Veränderungen hervorgehen werden.
Was genau steckt hinter der Aktion «Helvetia predigt!»?Wir haben die ökumenische Aktion zusammen mit den Evangelischen Frauen Schweiz (EFS) und dem Verband der christkatholischen Frauen der Schweiz (VCF) lanciert, um alle Kirchgemeinden und Pfarreien dazu aufzurufen, Frauen am 1. August 2021 predigen zu lassen. Auf unserer Webseite können sich Gemeinden melden, die Gastpredigerinnen suchen und Theologinnen, die Gastpredigerinnen sein wollen – diese versuchen wir zu vernetzen. Zudem stellen wir dort auch Hintergrundinfos und Liturgische Texte zur Verfügung, die als Inspiration dienen. Die Kirchgemeinden wurden bereits informiert und auch die SKF-Ortsvereine sind dazu aufgerufen, mit der «Helvetia predigt!»-Forderung an die pastoralen Verantwortlichen zu gelangen und sie für die Aktion zu gewinnen.
Was gibt es für strukturelle Veränderungen im Verband, an der Basis sowie regional?Auf Dachverbandsebene wird es in den nächsten Jahren einen grossen Digitalisierungsschub geben. Damit möchten wir sowohl das Wir-Gefühl als auch die Verbindung von Dachverband zu Ortsverein stärken. Wir sind sowohl Mitgliederverband als auch Interessenverband und wir haben zwei Hilfswerke – das sind drei Beine, die uns immer wieder fordern und vor die Frage stellen, wo wir unsere Ressourcen investieren, denn es ist alles wichtig. Hier befinden wir uns in einem ständigen Wandel und müssen uns immer wieder neu justieren.
Wird es nicht immer schwieriger für Ortsvereine und Regionalverbände, genügend Mitglieder und Vorstände zu finden…Das ist so und hat zur Folge, dass Ortsvereine sistieren und einigen Kantonalverbänden wie kürzlich in Schaffhausen die Gefahr der Auflösung droht. Wenn eine Frauengemeinschaft nicht mehr fähig ist, genügend Vorstandsfrauen zu finden, um ihre Aufgaben wahrzunehmen, müssen die Kirchgemeinden diese unterstützen. Dies, um freiwillig engagierten Frauen weiterhin die Möglichkeit zu geben, sich sinnstiftend in ihrer Gemeinde einzubringen. Lebendige Gemeinschaft wird neben den Liturgien immer noch meist durch Vereine gestaltet. Doch die notwendigen Strukturen dafür können nicht mehr so einfach nur durch Freiwillige geleistet werden. Das bedingt einen Veränderungsprozess in den Kirchgemeinden beziehungsweise in den Pfarreien.
Wie muss sich der SKF wandeln, um auch in Zukunft Themen und Anliegen von Frauen aufgreifen zu können?Jede Ebene im SKF hat ihre Herausforderungen. Dabei ist es wichtig, neue Formen von Vernetzung zu entwickeln und umzusetzen, auch digital. Wir bieten dazu hochkarätige und kostenlose Aus- und Weiterbildung für Vorstandsfrauen an. Wir sprechen zudem die Frauengemeinschaften vor Ort an und legen ihnen nahe, eine Standortbestimmung zu machen. Was ist in der Gemeinde notwendig an Dienstleistungen und Aktivitäten? Welche Menschen brauchen Unterstützung und Vernetzung? Was funktioniert nicht mehr und was gäbe es Neues? Zudem sollten vermehrt Frauen mit Migrationshintergrund einbezogen werden, damit auch sie sich zu einer Frauengruppierung zugehörig fühlen. Es braucht hier grössere Anstrengungen, Aktivitäten und Aktionen, damit Frauen niederschwellig den Zugang zu diesen Projekten finden. Den Kantonalverbänden ist bewusst, dass der Kontakt zu den Ortsvereinen und deren Unterstützung wichtig ist. Es gibt mir und vielen Frauen gegenseitig Kraft, zu sehen, dass es überall engagierte Frauen gibt.
Interview: Sarah Stutte, forumKirche, 27.4.21
Weitere Infos unter www.frauenbund.ch
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