Ein Leitungsassistent spricht über seine Arbeit
Ende letzten Jahres definierten die deutschschweizerischen Bistümer ein neues Tätigkeitsfeld: Die Leitungsassistentin bzw. der Leitungsassistent soll in Pastoralräumen administrative und organisatorische Aufgaben übernehmen und damit die pastorale Leitung entlasten. Hans Hug (59) wurde schon vor einem Jahr zu diesem Zweck im Pastoralraum Schaffhausen-Reiat angestellt. Er gibt Einblicke in seine Arbeit und schildert seine Erfahrungen.
Der Bogen der Zuständigkeiten ist weit gespannt. Er reicht vom einfachen «Tische stellen» bis hin zur anspruchsvollen Personalverantwortung für alle Sekretärinnen und Mesmer im Pastoralraum. Dazwischen liegen Aufgaben, die ganz unterschiedliche Kompetenzen erfordern. Hans Hug kümmert sich um die Endredaktion der Pfarreiseiten in forumKirche, sucht nach Beiträgen, schreibt Artikel, fotografiert und korrigiert. Er «füttert» die neue Webseite mit Inhalten, sorgt sich um das Erscheinungsbild des Pastoralraumes in Flyern und Briefen. In seinen Bereich fällt das Erstellen von Gottesdienstplänen ebenso wie das Organisieren von Anlässen oder die Planung und Durchführung von Projekten wie z. B. die Reihe «Familiengottesdienst Abenteuerland», die erst neulich mit grossem Erfolg startete. «Zur Stabsstelle Organisation gehören auch die Kontrolle der Pfarramtskassen, ein wachsamer Blick auf die Ausgaben im Pastoralraum und die Zusammenstellung des nächsten Budgets», erklärt Hans Hug. Ausserdem vertritt er Pastoralraumpfarrer Urs Elsener im Kirchenstand Thayngen und leitet mit diesem zusammen den Pastoralraumrat, ein Gremium, in dem wichtige Weichen gestellt werden.
Für all diese Aufgaben waren zuvor grösstenteils die Seelsorgenden verantwortlich. Mit der Anstellung von Hans Hug erhielten sie mehr Freiraum, können sich nun mehr ihrem Kernbereich, der Seelsorge, widmen.
Vor seiner Verpflichtung bei der Kirche war Hans Hug als Projektleiter Software in der Automobilindustrie tätig. Nach 34 Jahren im selben Betrieb konnte er sich einen Stellenwechsel gut vorstellen, «allerdings nur in einen ganz anderen Bereich», wie er betont. Da kam ihm die Ausschreibung der Kirchgemeinde ganz gelegen. «Der Blumenstrauss an verschiedenen Aufgaben hat mich besonders gereizt», sagt der Elektroingenieur. Zudem kannte er den Pastoralraum schon durch verschiedene Freiwilligendienste, was ihm den Wechsel erleichterte.
Hinzu kam, dass die Kirchgemeinde für die Leitungsassistenz jemanden mit Fachhochschul-Abschluss suchte und die Stelle damit verhältnismässig hoch einstufte – im Unterschied zu dem von den Bistümern vorgeschlagenen Profil, das einen KV-Abschluss vorsieht. «Die finanziellen Mittel, die eigentlich für einen weiteren pastoralen Mitarbeitenden gedacht waren, werden so zur Entlastung der Seelsorgenden eingesetzt», erklärt Hans Hug.
Nach einem Jahr in seinem neuen Tätigkeitsfeld zieht er ein positives Resümee: «Die Arbeit ist spannend und sehr vielseitig. » Teilweise erlebe er sie auch als anspruchsvoll – die Mitarbeiterführung fordere ihn zum Beispiel heraus – und von der Belastung her hoch. Die Attraktivität der Stelle hängt seiner Erfahrung nach stark von der Bereitschaft des Pastoralraumleiters ab, Aufgaben abzugeben. Ebenso wichtig sind der Austausch und eine enge Abstimmung mit ihm. Schliesslich trägt der Pastoralraumleiter ja die Gesamtverantwortung. «Er ist der Chef», so Hug. Wechselt die Leitung, müssten wahrscheinlich auch die Zuständigkeiten des Leitungsassistenten neu bestimmt werden.
Auch der Austausch mit den anderen Seelsorgenden muss stimmen. Nur dann kann ein Leitungsassistent diese hilfreich unterstützen. Deshalb war es Hans Hug von Anfang an wichtig, bei den Besprechungen des Seelsorgeteams dabei zu sein: «Da bekommt man Informationen ungefiltert mit und kann miteinander Absprachen treffen.» Hier sieht er sogar noch Entwicklungsbedarf: Zu denen, die ihr Büro nicht wie er im Pfarrhaus von St. Maria haben, möchte er den Kontakt noch intensivieren.
Da es bei seinem Dienstantritt noch keine Ausbildung für seine Tätigkeit gab, absolvierte Hans Hug zunächst einen Kurs für Pfarreisekretärinnen. «Da habe ich Wertvolles über das Zusammenspiel der kirchlichen Dienste erfahren.» Er kann sich gut vorstellen, auch am neu ausgeschriebenen Ausbildungskurs «Leitungsassistenz» teilzunehmen, zum einen um seine Kenntnisse zu festigen, zum anderen aber auch um seine Erfahrungen dort einfliessen zu lassen. Wichtig ist ihm vor allem der Austausch mit anderen. Das helfe ihm nämlich zu beurteilen, wo er selber stehe.
Detlef Kissner (19.2.19)
Von seinem Schreibtisch aus organisiert Hans Hug Aktivitäten im Pastoralraum Schaffhausen-Reiat.
Bild: Detlef Kissner
Karte: zVg
Collage: zVg
Leitungsassistenz aus Sicht eines Leitenden
Interview mit Pastoralraumpfarrer Urs Elsener
Was hat sich mit der Anstellung von Hans Hug als Leitungsassistent geändert?Das ganze Seelsorgeteam merkt eine grosse Entlastung in organisatorischen Bereichen. Wenn in Sitzungen Informationen eingeholt werden müssen oder Abklärungen anstehen, ist es klar, dass dies von Hans Hug erledigt wird. Auch vom Kirchenstand hat er schon einen Auftrag entgegengenommen, als die Heizung defekt war. Er ist der Organisator in allen Angelegenheiten.
Das Grossprojekt Abenteuerland Familiengottesdienst hätten wir ohne ihn nicht auf die Füsse stellen können. Er hat unseren Pastoralassitenten Josif Traijkov, der dafür verantwortlich war, tatkräftig unterstützt, indem er die Werbekampagne kreiert und durchgeführt hat, Einladungen verschickt hat usw. Das hat sicherlich 10 % seines Stellenumfangs beansprucht. Im Wissen, jemanden zu haben, der Organisatorisches übernimmt, sind wir im Seelsorgeteam viel freier, Ideen zu entwickeln, neue Projekte in Angriff zu nehmen. Grössere Projekte scheitern sonst ja immer an den begrenzten Kapazitäten der Seelsorgenden.
Mich persönlich entlastet Hans Hug vor allem bei der Personalverantwortung für die Sekretärinnen und Mesmer, auch wenn ich ihnen gegenüber der Dienstvorgesetzte bleibe. Die neue Stabstelle Organisation ermöglicht mir neue Freiräume.
Dadurch dass Hans Hug schon lange in Schaffhausen wohnt, zuvor schon ehrenamtlich mitgearbeitet hat und viele Pfarreimitglieder kennt, ist der kommunikative Bedarf nicht sehr gross. Man musste ihn nicht gross einführen oder etwas genauer erklären. Ausserdem hat er gute organisatorische Fähigkeiten. Ich kann ihm einen Auftrag geben und weiss dann, dass er es gut macht.
Wir haben allerdings das Büro bewusst nebeneinander, so dass der Weg für Absprachen gering ist. Das ist auch empfehlenswert. Die «rechte Hand» sollte in der Nähe des Leitenden seinen Platz haben. Wir sehen uns jeden Tag. Kurze Zwischenrapporte sind leicht möglich. Ich empfinde die Kommunikation mit ihm nicht als grossen Mehraufwand.
Ganz wichtig ist das Vertrauen der Leitungsassistentin bzw. dem Leitungsassistenten gegenüber. Es gibt immer auch vertrauliche Angelegenheiten, die diese/dieser mitbekommt und diskret behandeln muss.
Von der Seite des Pastoralraumleitenden her ist es wichtig, dass sie/er Verantwortung abgeben kann, natürlich immer im Bewusstsein, dass sie/er die Letztverantwortung hat. Wenn man jemandem vertraut, kann man ihm auch leichter etwas übergeben. Als ich vor kurzem bei einer diözesanen Versammlung aller Pastoralraumleitenden mit Bischof Felix Gmür und Generalvikar Markus Thürig über die neue Stelle berichtete, habe ich diesen Punkt besonders hervorgehoben, weil ich weiss, dass das Abgeben von Aufgaben vielen schwer fällt. Mir fällt es zum Glück leicht zu delegieren. Ich weiss, dass Hans Hug die übertragenen Aufgaben zuverlässig erledigt, vielleicht anders wie ich es machen würde, aber das ist gut so.
Manche sind der Ansicht, dass die Leitungsassistenz mit einer Theologin/einem Theologen besetzt sein sollte. Ich bevorzuge da ein anderes Modell. Es braucht für diese Stelle keine theologische Ausbildung. Sie/er benötigt vor allem organisatorische Fähigkeiten. Unser Seelsorgeteam besteht ja zum Beispiel schon aus vier Theologen.
Interview: Detlef Kissner
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