Über das «liebe» Geld, sein Gewicht und unsere Verantwortung

«Wir und das Geld» – so lautet der Titel einer Veranstaltung, bei der am 30. Oktober über die Bedeutung von Geld und die damit verbundenen ethischen Herausforderungen diskutiert wird. In einem Gespräch mit forumKirche gewährt Thomas Wallimann, Moderator des Abends, Einblicke in die Thematik und vermittelt eine Idee, warum es sich lohnt, darüber Bescheid zu wissen.

Geld ist auf den ersten Blick nichts Verwerfliches. Denn es ermöglicht uns, auf einfache Weise Tauschgeschäfte durchzuführen, und erleichtert uns damit unseren Alltag. Unser komplexes Wirtschaftssystem ist für Thomas Wallimann, Leiter des sozialethischen Instituts «ethik22», ohne das Hilfsmittel Geld nicht denkbar: «Es ist das Schmiermittel für die Wirtschaft.» Gleichzeitig ermöglicht es uns, Dienstleistungen, Produkte usw. miteinander zu vergleichen. Es erlaubt uns, Schlüsse zu ziehen, wie wertvoll etwas ist. Doch hier tauchen die ersten Fragezeichen auf. «Der materielle Wert, den das Geld beziffert, kann leicht auch moralisch verstanden werden», so der Sozialethiker. Wer viel Geld hat oder viel verdient, wird auch als wertvoll angesehen. Hinzu kommt, dass Geld mit Macht zu tun hat. Vermögende finden Gehör, sie können Einfluss ausüben und Dinge gestalten.

Diese Begleiterscheinungen mögen Menschen dazu verführen, immer mehr Geld besitzen zu wollen, den Betrag ins Unendliche zu steigern, was bis zur Sucht führen kann. «Geld wird damit zu Gott, erhält eine religiöse Dimension», sagt Thomas Wallimann. Wer sein Leben nur darauf ausrichtet, den Besitz zu vermehren, für den wird Monopoly zur Realität, der läuft Gefahr, wichtige Bereiche des Lebens auszublenden.

Instabiles System

Welchen Einfluss das internationale Finanzsystem auf unsere Gesellschaft hat, zeigte die Bankenkrise im Jahr 2008. Die Kettenreaktion von Insolvenzen und die Auswirkungen auf die Weltwirtschaft wurden von vielen als ernsthafte Bedrohung erfahren. Ausserdem wurde deutlich, dass sich dieses äusserst komplexe System nur schwer durchschauen und steuern lässt oder Vorhersagen erlaubt. Thomas Wallimann bewertet diesen Tiefpunkt mit einer gewissen Gelassenheit: «Die Krise gehört zum Geldsystem wie das Geld selbst. Es hat immer wieder einmal geknallt. Es ist eben eine labile Angelegenheit.»

Für ihn ist klar, dass diese Maschinerie trotz ihrer Undurchschaubarkeit der Regelung bedarf. Es gebe zwar immer wieder Stimmen, die vor Veränderungen warnen. Dahinter stünden aber oftmals handfeste Machtinteressen von Nutzniessern des bestehenden Systems. Wallimann hält es deshalb für wichtig, dass sich möglichst viele Menschen für die Mechanismen des Finanzsystems interessieren und Einblicke gewinnen, um im Rahmen ihrer Möglichkeiten handeln zu können. Die Hauptverantwortung für die Geldwirtschaft liege zwar in den Händen der Politiker, National- und Geschäftsbanken. Aber der einzelne könne auch seinen Beitrag leisten z. B. durch politische Einflussnahme, durch die Wahl seiner Anlagen, durch die Entscheidung, ob man Bar- bzw. Lokalgeld oder Geldkarten verwendet.

Vertrauen durch Stabilität

Grundlage jedes Geldsystems ist das Vertrauen. «Ich muss sicher sein können, dass ich das Geld, das ich bekomme, in gleicher Weise wieder einsetzen kann», sagt Thomas Wallimann. Das Vertrauen in eine Währung steht und fällt mit der politischen und wirtschaftlichen Stabilität eines Landes.

Hier sieht der Theologe auch die Chancen von Kryptowährungen wie Bitcoin oder Libra. Bei Transaktionen in politisch instabile Länder bieten diese nämlich die Sicherheit, dass transferierte Gelder ihren Wert behalten. Darüber hinaus verspreche man sich von diesen digitalen Währungen wenig Kontrolle und einen hohen Grad an Freiheit, da sich dieses Finanzsystem durch das Blockchain-Verfahren selber kontrolliere, so Wallimann: Da Kryptogeld noch wenig verbreitet ist, lässt sich momentan schwer abschätzen, welche Wirkung es haben werde.

Gespräch und gemeinsames Essen

Die Veranstaltung «Wir und das Geld» findet in Form eines ethikCafés statt. Nach einem Podiumsgespräch, das Thomas Wallimann mit Rolf Brunner, Mitglied der Geschäftsleitung der Thurgauer Kantonalbank, führt, können sich alle Anwesenden mit Anmerkungen, Fragen usw. einbringen. Zwischendurch werden ein einfaches Essen, Dessert und Kaffee angeboten. Der Abend, der am 30. Oktober in Weinfelden stattfindet, wird von der Kirchlichen Erwachsenenbildung der katholischen Landeskirche Thurgau in Kooperation mit tecum angeboten.

Detlef Kissner (1.10.19)


Nähere Infos: www.keb.kath-tg.ch 


 

"

Geld: Der Nährboden unserer Wirtschaft.

Bild: pixabay.com

Kommentare

+

Neuen Kommentar hinzufügen

Der Inhalt dieses Feldes wird nicht öffentlich zugänglich angezeigt.

Klartext

  • Keine HTML-Tags erlaubt.
  • Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.
  • Website- und E-Mail-Adressen werden automatisch in Links umgewandelt.
CAPTCHA
Diese Sicherheitsfrage überprüft, ob Sie ein menschlicher Besucher sind und verhindert automatisches Spamming.
Bild-CAPTCHA
Geben Sie die Zeichen ein, die im Bild gezeigt werden.