Rückblick auf die Tagung «Religion in der Schule»
Am 10. Juni hatte die Pädagogische Hochschule (PH) Thurgau in Kooperation mit den beiden Landeskirchen im Thurgau zur Tagung «Religion in der Schule» eingeladen. Im Mittelpunkt standen die Fragen, was Kinder in der Schule über Religion lernen sollen und was die Schule, die zu religiöser Neutralität verpflichtet ist, und die Religionsgemeinschaften dazu beitragen können. Dr. Mirjam Loos, Fachstelle Religionsunterricht der evangelischen Landeskirche, und Daniel Ritter, Leiter der Fachstelle Religionspädagogik der katholischen Landeskirche, geben ihre Eindrücke wieder.
An welchen Themen waren die Teilnehmenden am meisten interessiert?
Loos: Bei den beiden Gruppen – den kirchlichen und den staatlichen Lehrpersonen – bestand ein grosses Interesse, mehr voneinander zu erfahren, bezüglich des Lehrplans oder den jeweiligen Herausforderungen. Es handelt sich ja um zwei verschiedene Arten von Religionsunterricht mit verschiedenen Verantwortlichkeiten – die Fächer Natur, Mensch, Gesellschaft (NMG) bzw. Ethik, Religion, Gemeinschaft (ERG) und der kirchlich verantwortete Religionsunterricht.
Ritter: Ein weiteres Thema war die Zusammenarbeit: Wie arbeiten wir zusammen? Welche weiteren Ideen gibt es dazu (Projekte, Teamteaching usw.)? Ebenso wurde über den Bildungsbegriff diskutiert: Unterscheidet er sich in den beiden Settings? Wie kann man sich annähern?
Loos: Von einigen Stimmen wurden neben einer grundsätzlichen Offenheit zur Zusammenarbeit auch Forderungen nach einer klaren Grenzziehung zwischen den beiden Fächern deutlich.
Welchen Gewinn hat die Tagung aus Ihrer Sicht gebracht?
Loos: Dass diese Personen, die alle am Religionsunterricht interessiert sind, miteinander ins Gespräch kamen. Natürlich muss es noch weitergehen. Wir als Verantwortliche der Landeskirchen treffen uns ja regelmässig mit Vertreter*innen der PH und des Amts für Volksschule. Es wäre gut, wenn Gespräche auch auf anderen Ebenen weitergehen würden.
Ritter: Ja, die Tagung hat den Austausch, die Vernetzung und gegenseitiges Verständnis gefördert. Es war eine gute Stimmung spürbar, das Gefühl: «Eigentlich ziehen wir am gleichen Strick, wir haben eine gemeinsame Basis und gemeinsame Perspektiven und können miteinander weitergehen.»
Loos: Für die staatliche Seite ist es interessant zu sehen, dass wir im konfessionellen Religionsunterricht auch kompetenzorientiert arbeiten und damit auf der Höhe der Zeit sind. Gleiches gilt für die Lernziele: Auch bei uns gilt das Ziel, dass die Schüler*innen ihren eigenen begründeten Standpunkt finden sollen, ähnlich wie in anderen Schulfächern. Das war mir wichtig aufzuzeigen. Zudem wuchs das Verständnis für die Herausforderungen der jeweils anderen Seite: Die kirchlichen Religionslehrpersonen, die nur einmal in der Woche an der Schule sind, und die Volksschullehrpersonen, die religionskundliche Kompetenzen neben vielen anderen Inhalten in ihrem Unterricht unterbringen müssen.
Welche Impulse gilt es weiterzuverfolgen?
Ritter: Einerseits wäre es nun spannend hinzuschauen, wie die Lehrpläne konkret umgesetzt werden, was gelingt und was nicht. Denn darüber haben wir keine empirischen Daten, weder auf kantonaler noch auf nationaler Ebene. Daraus könnte in Zukunft etwas werden. Andererseits wäre es wichtig, dass wir in einem kontinuierlichen Austausch bleiben – vielleicht in einer dauernden Projektgruppe – über Fragen zum Bildungsbegriff, zum Lehrplan oder zu Synergien.
Loos: In der Ausbildung sollte das gegenseitige Verständnis gefördert sowie Chancen und Möglichkeiten der Zusammenarbeit aufgezeigt werden. Solch eine Haltung kann langfristig nachwirken.
Interview: Detlef Kissner, forumKirche, 20.06.2022
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30.08.2022, 10:54