Studie zu Kirchenfinanzen wurde veröffentlicht
Wann macht sich der Rückgang der Kirchenmitglieder bei den Finanzen bemerkbar? Und wie stark? Diese Frage treibt die grossen Kirchen um. Eine Studie zeigt nun: Bereits ab 2025 stellen Katholiken und Reformierte nicht mehr die Mehrheit.
Die Römisch-katholische Zentralkonferenz (RKZ) und die Evangelisch-reformierte Kirche Schweiz (EKS) haben eine Studie zur mittelfristigen Zukunft der Kirchenfinanzen erstellen lassen. Das 93-seitige Dokument war Thema an der Plenarversammlung der RKZ vom 25./26. März. Die Studie der Beratungsfirma Ecoplan AG macht deutlich: Künftig müssen die Kirchen den Gürtel enger schnallen.
Weniger Mitglieder unter 44 Jahren
Bei der Entwicklung der Mitgliederzahlen zeigte sich, dass die Zahlen bei der evangelisch-reformierten Kirche bereits seit 2010, bei der römisch-katholischen Kirche seit Mitte der 2010er-Jahre zurückgehen. Eine Rolle spielt dabei die unterschiedliche Entwicklung je nach Altersgruppe: In beiden Konfessionen nahmen die Gruppen der 15- bis 24-Jährigen und der 25- bis 44-Jährigen ab, während die über 65-Jährigen zunahmen. Hingegen sei bei der Altersgruppe der 45- bis 64-Jährigen eine unterschiedliche Entwicklung zu beobachten, heisst es in der Studie. «Während bis 2015 bei der römisch-katholischen Kirche noch eine Zunahme zu beobachten ist und die Mitgliederzahlen erst dann zu sinken beginnen, nehmen die Mitgliederzahlen in dieser Altersgruppe bei den Evangelisch-Reformierten bereits seit 2010 ab.»
Christliche Konfessionen bald in der Minderheit
Für die Zukunft geht die Studie davon aus, dass der Mitgliederschwund ohne Gegenmassnahmen weiterhin zunehmen wird – bei der evangelisch-reformierten Kirche bis 2045 um fast die Hälfte und bei der römisch-katholischen Kirche um ein Drittel. Die Zahl der über 15-jährigen Katholik*innen wird gemäss dem Hauptszenario von über 2,5 Millionen in der Mitte der 2010er-Jahre auf rund 1,74 Millionen im Jahr 2045 zurückgehen. Die reformierte Kirche schrumpft von 1,8 Millionen Mitgliedern im Jahr 2010 auf rund 970’000 im Jahr 2045. Die Daten nach Altersgruppen belegten dabei einen Trend zur massiven Überalterung, eine deutliche Abnahme der Zahl nachkommender Mitglieder und einen Rückgang des Anteils der Kirchenmitglieder der beiden grossen Konfessionen an der Gesamtbevölkerung. Gemäss der Studie stellen Katholiken und Reformierte bereits 2025 weniger als die Hälfte der Bevölkerung.
Weniger Ertrag bei Steuern der Mitglieder
Auch bei den Kirchensteuern der Kirchenmitglieder rechnet die Studie künftig bei beiden Konfessionen mit einem deutlichen Rückgang. Auf katholischer Seite werden demnach die Steuern um einen Sechstel von rund 701 Millionen Franken im Jahr 2017 auf rund 600 Millionen im Jahr 2045 zurückgehen, auf reformierter Seite von rund 630 Millionen Franken auf rund 460 Millionen.
Aktuell wirkt sich laut Studie der Mitgliederschwund bei den meisten Kantonalkirchen beider Konfessionen noch nicht auf die Erträge der Kirchensteuer aus. Grund ist das erwähnte unterschiedliche Austrittsverhalten der Altersgruppen: Die Personen zwischen 15 und 44, die den Kirchen am häufigsten den Rücken kehren, seien «in der Tendenz noch nicht steuerkräftig». Hingegen seien die Einkommen und die Steuern der Personen über 45 Jahren in den letzten Jahren gestiegen. Damit konnte der Rückgang der Mitglieder bislang kompensiert werden. Dieser Kompensationseffekt wird sich künftig abschwächen. Im Unterschied zur evangelisch-reformierten Kirche wird der Rückgang der Kirchensteuern bei den Katholiken in den 2020er-Jahren jedoch noch moderat verlaufen und sich erst ab 2030 beschleunigen.
Ungewissheit bei Kirchensteuern für Firmen
Besonders schwierig ist es, die künftige Entwicklung der Kirchensteuer für juristische Personen zu antizipieren. In der Vergangenheit seien die Erträge «volatil» gewesen, schreiben die Autor*innen. Für Ungewissheit sorgen aber auch politische Diskussionen. In verschiedenen Kantonen gab und gibt es Vorstösse zur Abschaffung dieser Steuer. Um dieses Risiko zu berücksichtigen, geht das Forschungsteam von einer Reduktion des Steuersatzes ab 2033 aus. Ebenso hat es einen Einbruch der Unternehmenssteuern aufgrund der Reform von 2019 (Vorlage Steuerreform und AHV-Finanzierung, STAF) eingerechnet.
Auf der Basis dieser Annahmen rechnet die Studie, dass die Kirchensteuer juristischer Personen bei der römisch-katholischen Kirche von rund 190 Millionen Franken im Jahr 2017 auf rund 160 Millionen Franken im Jahr 2045 zurückgehen wird.
Barbara Ludwig, kath.ch /Red., 13.04.2022
■ Ganzer Artikel und Details zur Studie auf www.kath.ch/newsd/
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